Kurzzeitpflege kommt nicht in die Gänge
Die Nachfrage nach Kurzzeitpflege steigt, doch das Angebot stagniert oder geht zurück, wie der aktuelle Barmer-Pflegereport 2025 zeigt. Trotz Förderprogrammen der Länder und politischer Unterstützung bleibt der Ausbau schwierig. Betreiber berichten von hohem organisatorischen Aufwand, schwer kalkulierbarer Auslastung und hohen Anforderungen ans Pflegepersonal. Vor allem solitäre Einrichtungen kämpfen mit geringen Erlösen und hohen Personalquoten.
iStock/Lilanakani
Bein oder Arm gebrochen – eine typische Situation, in der sich Kurzzeitpflege anbietet
Die Bundesregierung wirbt seit Jahren für mehr Kurzzeitpflege. Sie soll pflegende Angehörige entlasten und Versorgungslücken nach Krankenhausaufenthalten schließen. Doch die Zahl der Einrichtungen wächst kaum. In manchen Regionen sinkt sie sogar. Die Pflegebevollmächtigte Karin Staffler spricht von einem deutlichen Mangel an Kurzzeitpflegeplätzen. Die Daten stützen diese Einschätzung: 2017 boten 1.205 Einrichtungen Kurzzeitpflege an, 2023 waren es nur noch 1.124. Auch die Plätze gingen zuletzt zurück – von 10.316 (2021) auf 8.293 (2023), so der Barmer-Pflegereport.
Länder fördern Kurzzeitpflege mit begrenzter Wirkung
Die Länder versuchen gegenzusteuern. Baden-Württemberg unterstützt den Ausbau von Tages- und Kurzzeitpflege mit Mitteln aus dem Innovationsprogramm Pflege. In Bayern fließen 4,8 Millionen Euro in den Neubau des St. Josefs-Stifts in Eisingen. Dort entstehen zwölf Kurzzeitpflegeplätze, eingebettet in ein modernes Konzept, das den sozialen Nahraum einbezieht. Doch diese Beispiele bleiben Ausnahmen.
Warum bewegt sich so wenig? Jan Grabow von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Curacon nennt grundsätzliche Probleme: Die Nachfrage sei hoch, doch viele Einrichtungen könnten keine wirtschaftlich tragfähigen Angebote schaffen. Besonders die solitäre Kurzzeitpflege sei für Betreiber kaum rentabel. Aufenthalte seien kurz, die Auslastung schwanke stark. "Die Auslastung ist schwer kalkulierbar, der organisatorische Aufwand hoch und die Erlöse begrenzt", so Grabow, der bei Curacon für den Bereich Altenpflege verantwortlich ist.
"Die Dringlichkeit der Anfragen macht Kurzzeitpflege sehr anstrengend"
Sascha Zwinscher, der solitäre Kurzzeitpflege betreibt, bestätigt diese Einschätzung. Er sieht sein Angebot vor allem als Teil einer Versorgungskette, die seine Z&L-Unternehmensgruppe komplett abdeckt. Das sorge für Synergien, mache die Aufgabe aber nicht leichter. "Die Dringlichkeit der Anfragen, das ‚Sofort oder gar nicht‘, macht es sehr anstrengend", sagt Zwinscher.
Planbarkeit sei kaum gegeben. Ein Zimmer könne drei Tage leer stehen, weil kurzfristig niemand passe. "Das bedeutet eine merkliche Auslastungsverringerung, obwohl mit den Pflegekassen etwas anderes vereinbart ist", so Zwinscher Hinzu komme der administrative Aufwand, denn Bewohner blieben oft nur wenige Wochen. Fachkräfte müssten belastbar sein und schnell zwischen Krankheitsbildern wechseln können. Zwinscher spricht von einer besonderen Persönlichkeit, die es dafür brauche.
Die hohe Bewohner-Fluktuation verlangt flexibles Personal
Wegen der hohen Anforderungen sei für solitäre Kurzzeitpflegeeinrichtungen mehr qualifiziertes Personal nötig. Doch eine höhere Personalquote belaste die Wirtschaftlichkeit zusätzlich. Hinzu kommt, dass die gesetzlichen Ansprüche aus Kurzzeit- und Verhinderungspflege zusammen oft für weniger als 20 Tage pro Jahr reichen. So erstaunt es nicht, dass es nach Angaben von Pflegemarkt.com bundesweit nur 192 solitäre Einrichtungen mit gut 2.900 Plätzen gibt, zwei Drittel davon in gemeinnütziger Trägerschaft. Grabows Fazit: "Hoher organisatorischer Aufwand bei gleichzeitig begrenzten Erlösen macht das Angebot für Betreiber unattraktiv."
Kirsten Gaede