Zunahme der Pflegebedürftigen überrascht nur den Minister
Die Zahlen über Pflegebedürftige, mit denen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in einem Interview hantiert, werfen Fragen auf. Denn dass im vergangenen Jahr 360.000 Pflegebedürftige dazukamen, ist beim Blick in die Daten des Statistischen Bundesamtes und des GKV-Gesamtverbands keineswegs überraschend, wie der Minister es darstellt. Sie steigen seit Jahren in dieser Größenordnung. Indes kündigt der Verband der Ersatzkassen Beitragserhöhungen an, wenn Lauterbach die Pflegereform nicht anpackt.

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Dass die Zahl der Pflegebedürftigen jedes Jahr um über 300.000 ansteigt, ist keine Überraschung
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"Demografisch bedingt wäre 2023 nur mit einem Zuwachs von rund 50.000 Personen zu rechnen gewesen", wird der Minister im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland wörtlich zitiert. Am Ende waren es rund 360.000. "Eine so starke Zunahme in so kurzer Zeit muss uns zu denken geben." Doch diese Aussagen des Ministers stimmen so nicht.
Laut GKV-Spitzenverband stieg die Zahl der Pflegebedürftigen seit 2017 jedes Jahr im Durchschnitt um 326.000 Menschen. Der Zuwachs 2023 lag zwar mit 361.000 etwas höher als der Durchschnitt, aber lediglich um 35.000 darüber und nicht um fast das Zehnfache, wie Lauterbach behauptet. 2023 zählte die soziale Pflegeversicherung 5,1 Millionen Leistungsempfänger.
Der starke Anstieg insgesamt kommt für Experten alles andere als überraschend. Viele Studien und Prognosen von renommierten Instituten und Wissenschaftlern sagen dies seit langem voraus. Das Wissenschaftliche Institut der Privaten Krankenversicherungen hat bereits vor zwei Jahren anhand der Bevölkerungsentwicklung vorgerechnet, dass es 2025 5,46 Millionen Pflegebedürftige geben werde. Das passt ziemlich genau in die Zeitreihe der Gesetzlichen. Auch beim Statistischen Bundesamt lässt sich dieser Trend eindeutig ablesen.
"Die Probleme in der Sozialen Pflegeversicherung sind alles andere als neu", sagt auch Uwe Klemens, Vorsitzender des Verbands der Ersatzkassen. Seit Jahren weise sein Verband darauf hin, dass die demografische Entwicklung und die politisch gewollte Leistungsausweitung zu erheblichen Herausforderungen bei der Finanzierung führen werde. Mit Lauterbachs Aufschiebung einer Pflegereform kündige er indirekt die nächste Welle von Beitragserhöhungen im Wahljahr 2025 an.
Thomas Hartung