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17. Januar 2024 | 07:00 Uhr
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Unberechenbare Politik größtes Hindernis für Pflegeneubauten

Jeden Tag muss ein Pflegeheim gebaut werden, um den tatsächlichen Bedarf zu decken. Auf diese einfache Formel brachte es Projektentwickler Cureus. Doch das ist eine Illusion, zeigt die Auswertung des Immobiliendienstleiters CBRE. Vergangenes Jahr haben Investoren nicht einmal eine Milliarde für Pflege- und Gesundheitsimmobilien ausgegeben, nur noch ein Viertel von 2021. Zerstörtes Vertrauen in Politik und Betreiber schrecken Geldgeber ab.

Baustelle Kräne Hotelbau Quadrat Foto iStock ralfgosch

Der Bauboom in der Pflege ist vorbei, die Investoren haben das Vertrauen in Politik und Betreiber verloren

Hemsö ist einer der großen Investoren in Pflege- und Gesundheitsimmobilien in Europa. Im vergangenen Jahr habe man viel gelernt, sagt Deutschland-Chef Jens Nagel. Vor allem, dass "wir keinen Einfluss auf die Betreiber haben". Warum ein Pächter scheitere und insolvent werde, habe viele Gründe. "Manchmal ist auch das Management entscheidend, manche sind nicht sonderlich gut in der Verwaltung." Belegung sei eben nicht alles. "Ein volles Heim bringt nichts, wenn kein Geld verdient wird."

Nagels Arbeitgeber ist in seinem Heimatland Schweden, Finnland und in Deutschland aktiv. Hierzulande werde dieses Jahr nur "sehr verhalten investiert". Die Unsicherheit sei zu groß, das Vertrauen dahin, so Nagel. Pflegeheime seien für Investoren immer eine sichere Bank gewesen, doch jetzt "haben sie den Nimbus des Unantastbaren verloren".

Investoren haben kein Vertrauen in die Politik

Die Unberechenbarkeit der Politik und verlorenes Vertrauen etwa durch die Insolvenzen ziehen sich wie ein roter Faden durch die Argumentation einer Diskussion von Immobilienprofis, die Dienstleister CBRE organisiert hatte. Auch für Gerald Klinck, Vorsitzender des Beirats des Projektentwicklers Cureus, sind dies die Gründe für die Flaute im Bau von Pflegeimmobilien und die Zurückhaltung der Investoren. 

30.000 neue Heimplätze pro Jahr würden gebraucht, "wir schaffen nicht einmal 4.000", sagt Klinck. Neben der Unwägbarkeiten der Politik hätten auch die Betreiber Vertrauen verspielt. Notwendig seien neue Geschäftsmodelle, die auch funktionierten. Etwa Management-Modelle, bei denen das Risiko zwischen Eigentümer und Betreiber geteilt werde, wie man sie aus der Hotellerie kennt. Jan Linsin von CBRE glaubt, dass neue Mischformen von ambulant und stationär die Zukunft sind.

Konsolidierung und Silberstreif am Horizont

Andere Immobilienprofis, wie Nikolai Schmidt von Swiss Life, erwarten eine Konsolidierung des Marktes für Pflege- und Gesundheitsimmobilien. Berthold Becker von TSC Real Estate hält von Größe allein allerdings nichts. Wichtiger sei, dass die Betreiber ihr Geschäft verstünden und professionell arbeiten würden, "egal wie groß sie sind".

Trotz aller Probleme sehen die Immobilienmanager einen Silberstreif am Horizont. Die Lage entspanne sich, sagt Cureus-Manager Klinck. Die Zinsen hätten sich stabilisiert, die Baupreise seien teilweise sogar rückläufig. Die Kommunen würden zunehmend erkennen, dass sie mehr Geld für Neubauten von Pflegeimmobilien ausgeben müssten. Schließlich sei die Öffentlichkeit über die Pflegekrise sensibilisiert und der Druck auf die Politik steige. 

Investitionen in Nachhaltigkeit zahlen sich nicht aus

Kritik äußern die Immobilienprofis beim Thema Nachhaltigkeit. Es fehlten Anreize. Die ESG-Kriterien (Environmental, Social and Corporate Governance) seien bei Neubauten heute eine Pflichtvorgabe der Investoren. "Wenn Du da nichts machst, hast Du ein Problem", weiß Projektentwickler Klinck. Allerdings würden zum Beispiel Energiesparmaßnahmen von Investoren beim Preis nicht entsprechend honoriert.

Die Betreiber hätten für ESG derzeit kein Ohr. "Wenn ich am Ertrinken bin, schaue ich nicht auf meinen Schwimmstil", kommentiert Hemsö-Manager Nagel. Außerdem müsse sich Nachhaltigkeit lohnen. Ein Betreiber, der Energie spart, bekomme entsprechend weniger refinanziert. Warum sollte er sich also bemühen?

Thomas Hartung

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