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18. Januar 2024 | 22:13 Uhr
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Bei der Finanzierung einer Nachfolge gibt es Alternativen

Im noch ausgeprägten Verkäufermarkt der Pflege können sich rentable Pflegedienste und Pflegeheime ihre Nachfolger oft aussuchen. Aber: Kaufwillige Interessenten aus der Pflege haben aktuell das leidige Problem, dass die Eigenkapital-Hürden bei Banken noch höher geworden sind. Unternehmensberater Stefan Wiesmann stellt in einem Gastbeitrag drei interessante Alternativen zur Finanzierung der Nachfolge vor.

Nachfolger Staffelübergabe iStock AndreyPopov.jpg

Bei der Staffelübergabe eines Pflegedienstes gibt es interessante Finanzierungsalternativen

Unternehmerdarlehen: Dieses Finanzierungsmodell benötigt erst einmal keine Bank. Der Verkäufer gibt dem Nachfolger ein Darlehen über einen Zeitraum von einem bis drei Jahren. Angenommen wird zum Beispiel ein Kaufpreis von 350.000 Euro und ein durchschnittlicher Jahresüberschuss (EBIT) in den vergangenen drei Jahren von 90.000 Euro. Dann könnten in den folgenden drei Jahren 270.000 Euro zuzüglich Zinsen getilgt werden, und Ende 2027 würde das Pflegeunternehmen dann komplett dem Nachfolger gehören – mit einem dann im optimalen Fall gesteigerten Firmenwert. Dies ist im Grunde genommen ein unkompliziertes Modell zwischen zwei Unternehmern.

Earn-Out-Modell: Bei der Earn-Out-Finanzierung werden Teile des Kaufpreises aus dem Gewinn der Folgejahre bezahlt. Diese Art der Finanzierung kam ursprünglich aus der Welt für kleine Unternehmen, dem Handwerk und dem Mittelstand. Sie hält seit einigen Jahren auch bei Pflegegruppen und Pflegefachinvestoren Einzug. Hier geht es im wesentlich darum, das Eigenkapital des Käufers zu schonen und dem Verkäufer eines erfolgreichen Unternehmens weiterhin die Möglichkeit zu geben, daran zu partizipieren. Aktuell angesichts der Kapitalmarktlage eine interessante Alternative, mit der beide Parteien natürlich 100 Prozent einverstanden sein sollten. 

Auch hier ein Beispiel: Kaufpreis: 900.000 Euro für einen Pflegedienst mit mindestens 100 Patienten. Barkomponente zum Datum des Eigentümerwechsels 600.000 Euro, Earn-Out-Komponente aus dem Jahres-EBIT 300.000 Euro. Bei einem netto EBIT in Höhe von 250.000 Euro im Geschäftsjahr 2024 eine zusätzliche Ausschüttung für Altinhaber von 150.000 Euro und dasselbe im Geschäftsjahr 2025 noch einmal. Die Earn-Out Ausschüttungen werden aus dem Cashflow finanziert. 

Übliche Voraussetzungen: Zumindest ein Inhaber/Geschäftsführer und die PDL bleiben als Übergang in der Geschäftsführung tätig (sechs bis zwölf Monate). Darüber hinaus wird gegen entsprechendes Beraterhonorar (marktüblich ca. 80.000 Euro) gemeinsam zum Beispiel am Personalmanagement, Digitalisierungsthemen und Effizienzsteigerungen gearbeitet. 

Minderheitsbeteiligung: Private Kaufinteressenten haben aktuell große Probleme bei der Finanzierung über ihre Hausbank und gegebenenfalls die KfW. Die Länder-Förderprogramme Pflege lindern dies an einigen Stellen. Beteiligungsgesellschaften sind interessiert an rentablen Pflegediensten, Pflegeheimen, Intensivpflegen und Medizintechnik-Herstellern. Dies sind oft Healthcare Finanzinvestoren, aber auch strategische Investoren. Zudem gibt es immer mehr Family Offices und vermögende Privatpersonen, die unternehmerische Direktbeteiligungen suchen. Hier gilt es beteiligungswillige Investoren und Nachfolger aus der Pflege zusammenzubringen, um Minderheitsbeteiligungen der Geldgeber von 24,5 bis 49,5 Prozent zu vereinbaren. Eine Partei hat das Geld – die andere die Expertise. Für beide Seiten ein klarer Vorteil. Und auch eine Chance für private Nachfolger aus der Pflege.

Wiesmann Stefan Unternehmensberater Pflegedienstkauf.jpg

Stefan Wiesmann ist Unternehmensberater und begleitet Übernahmen von Pflegediensten. Er war über 15 Jahre als Führungskraft und Unternehmer in der IT- und Medienbranche aktiv und wechselte 2017 in die Gesundheitsbranche. Wiesmann ist Lehrer für Gesundheitsberufe und Mediator. Seit 2004 lehrt er an Hochschulen. Aktuell hält er Lehraufträge in eHealth, Gesundheitsmanagement und BWL an Fachhochschulen. Die erfolgreiche Weiterführung guter Pflegedienste in der nächsten Familien-Generation oder die externe Nachfolge sind sein tägliches Geschäft.

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