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7. August 2025 | 07:00 Uhr
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Kabinett bringt umstrittene Pflegegesetze auf den Weg

Das Bundeskabinett hat den Entwürfen für die beiden Pflegegesetze zugestimmt: dem Pflegefachassistenzgesetz und dem Pflegekompetenzgesetz, das nun „Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege” heißt. Vor allem die Qualitätsprüfungen sollen entbürokratisiert werden. „Wir wollen weg von der Haltung: Wenn ich nicht prüfe, läuft es nicht richtig”, sagte Gesundheitsministerin Nina Warken (Foto) am Mittwoch bei einem Besuch des Stephanus Seniorenzentrums St. Elisabeth-Stift in Berlin. Dennoch gibt es auch reichlich Kritik an den Gesetzentwürfen.

Nina Warken hat im Garten des St. Elisabeth-Stifts in Berlin Journalisten-Fragen zum Kabinettsbeschluss beantwortet  

Der Verband der katholischen Altenhilfe VKAD lobt denn auch, dass es weniger Doppelprüfungen, dafür angepasste Prüfrhythmen und digitalisierte Verfahren geben soll. Auch von den Krankenkassen bekommt das Bundesgesundheitsministerium für seine Entbürokratisierungspläne Applaus: Der Verband der Ersatzkassen (Vdek) nennt es "einen guten Vorschlag", unter anderem die Pflegedokumentation auf das notwendige Maß zu begrenzen.

Vdek, AOK und auch der Deutsche Pflegerat (DPR) begrüßen außerdem die geplante Kompetenzaufwertung und -erweiterung von Pflegefachkräften. "Das Gesetz zur Befugniserweiterung verankert erstmalig die Profession Pflege als eigenständigen Heilberuf fest in der Gesundheitsversorgung. Pflegefachpersonen sollen ihre Kompetenzen künftig eigenverantwortlich und selbstständig nutzen können. Das stärkt die Gesundheitsversorgung, optimiert die Ressourcennutzung und macht den Pflegeberuf zugleich attraktiver“, heißt es beim DPR. 

Gleichzeitig mahnt der Pflegerat, der für 22 Verbände spricht, es gelte jetzt, in den parlamentarischen Beratung, "den pflegefachlichen Kern zu sichern und das Versprechen für mehr Nutzung pflegerischer Kompetenzen konsequent einzulösen". 

BAD: Verordnungsbefugnis der Pflegefachkräfte ausweiten

Weniger diplomatisch äußert sich der Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen (BAD): Für die häusliche Krankenpflege sei die geplanten erweiterten Kompetenzen zu wenige, gemessen an der fachlichen Qualifikationen der Pflegekräfte. Auch die Verordnungsbefugnis sollte unbedingt noch ausgeweitet werden. Das Pflegebündnis Mittelbaden schlägt in dieselbe Kerbe, spricht von einer Verwässerung des ursprünglichen Gesetzesentwurfs der Ampelregierung und verdeutlicht seine Kritik mit einem konkreten Beispiel: Für einen Wundmanager bedeute die Überarbeitung an dieser Stelle, dass nicht er, sondern der Arzt mindestens die erste Verordnung ausstellt. 

VKAD: Heilkundliche Leistungen aus Krankenversicherung finanzieren 

Der VKAD kritisiert außerdem, dass die heilkundlichen Leistungen von Pflegefachkräften in Heimen weiterhin über die Pflegeversicherung finanziert werden sollen. So würden letztlich wieder die Bewohner mit steigenden Eigenanteilen dafür zahlen. "Heilkundliche Leistungen gehören in die Zuständigkeit der Krankenversicherung, unabhängig davon, ob sie zu Hause oder im Heim erbracht werden", sagt die VKAD-Vorsitzende Barbara Dietrich-Schleicher. 

BPA: Kommunale Steuerung ist ein "Bürokratieturbo" 

Der Gesetzentwurf zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung enthält nach wie vor den Plan, den Kommunen bei der Organisation der Pflegeangebote eine zentrale Rolle zukommen zu lassen. Arbeitgeberverband Pflege (AGVP) und der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (BPA) bekräftigen ihre Kritik daran. "Bevor ein Pflegeheim den Betrieb aufnehmen kann, müssen Unternehmen viele Vorleistungen erbringen: von Bedarfs-, Standort- und Wettbewerbsanalysen über die Grundstückssuche bis zur Personalplanung. Schnell summiert sich das auf sechsstellige Investitionen noch bevor der Bau beginnt. Wenn die Kommune dann ablehnt, laufen Investitionen künftig ins Leere. So entsteht kein einziges neues Pflegeangebot mehr", sagt AGVP-Präsident Thomas Greiner. Der BPA wirft der Regierung vor, dass sie "an der Ampel-Idee einer kommunalen Bedarfssteuerung" festhalte – eine Idee, die nicht nur aus der Zeit gefallen, sondern geradezu ein Bürokratieturbo sei.

AOK: Ein dritter Sektor ist nicht sachgerecht 

In ihrer Kritik an der Einführung einer dritten Versorgungsform neben ambulant und stationär erhalten AGVP und BPA sogar Flankenschutz von den Krankenkassen. "Einen dritten Sektor in der sozialen Pflegeversicherung zu eröffnen, ist nicht sachgerecht. Das konterkariert den sinnvollen Ansatz einer sektorenunabhängigen Versorgung und des damit verbundenen einfacheren und flexibleren Leistungsrechts für pflegebedürftige Menschen. Hier sollten die Ergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe abgewartet werden, statt ihnen schon gesetzgeberisch vorzugreifen", sagt die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann.

Viel weniger Diskussion als der Gesetzentwurf zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung rufen die Pläne für die Pflegefachassistenz hervor. Das liegt auch daran, dass der Gesetzesentwurf viel weniger Facetten hat, er ist ganz auf die Pflegefachassistenz fokussiert. Die vereinzelte Kritik bezieht sich fast ausschließlich auf die Dauer der Ausbildung. Sie scheint mit 18 Monaten vor allem dem BAD und dem AGVP zu lang. Gerade Quereinsteiger und erfahrenes Pflegehilfspersonal wollten sich zügig weiterqualifizieren, eine "fundierte Ausbildung in einem Jahr, anschlussfähig und praxistauglich" sollte deshalb bundesweit Standard werden, heißt es beim AGVP.

Auf der Website des Bundesgesundheitsministeriums findet sich eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte des Gesetzentwurfs zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege, ebenso wie zum Entwurf des Pflegefachassistentengesetzes.      

Kirsten Gaede                      

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