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22. Mai 2023 | 07:00 Uhr
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Leichte Zuwanderung allein löst Personalnot der Pflege nicht

Die Bundesregierung ist dabei, die Zuwanderung von Fachkräften und solchen, die es werden wollen, deutlich zu erleichtern. Doch das allein hilft der Pflege nicht, 16 Bundesländer und deren unterschiedliche Vorstellungen von Qualifikation und Anerkennung von Abschlüssen scheinen das größere Problem zu sein. Engpässe gibt es auch in den Botschaften von Herkunftsländern.

Pflegekräfte Ausländer iStock kazuma seki.jpg

Der Bund kann den Aufenthalt leichter machen, die Anerkennung der Berufe regelt jedes Bundesland für sich

Das neue Gesetz zur Fachkräfteeinwanderung sei ein großer Schritt, aber nicht für alle Branchen, sagt Rolf Schmachtenberg, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Er warnt "vor zu großen Erwartungen" besonders in der Pflege. "Das Berufsrecht und unser föderalistisches System setzen unseren Handlungsspielräumen bei der Fachkräftesicherung gerade in Ihrem Bereich sehr viele Grenzen", so der Beamte jüngst auf der BPA-Mitgliederversammlung. Man könne die Diskussionen mit den Ländern durchaus als "verrückt bezeichnen".

Stellenbesetzung in der Pflege dauert 268 Tage

Dennoch müssen der Bund etwas tun, denn bundesweit habe es im ersten Quartal fast zwei Millionen offene Stellen gegeben. Besonders schwierig sei die Situation im Gesundheitswesen. "In der Altenpflege dauert die Besetzung einer Stelle im Durchschnitt 268 Tage." Der Durchschnitt aller Branchen liege bei 145 Tagen, was auch zu lange sei. 

Und es werde nicht besser, so der Staatssekretär. Die Altenpflege treffe das Problem gleich doppelt. Immer mehr Beschäftigte in der Pflege gingen in Rente und gleichzeitig steige die Zahl der Pflegebedürftigen. 

"Es gilt, alle vorhandenen Potenziale auszuschöpfen", sagt Schmachtenberg. Zunächst solle man die Menschen ansprechen, die in Deutschland leben und arbeitslos oder ohne Ausbildung seien. Große Reserven sieht er in Frauen, die Teilzeit arbeiteten und die ausbauen wollten. "Wenn alle Frauen nur zehn Prozent mehr arbeiten würden, wäre das ein Volumen von 500.000 Arbeitsplätzen", rechnet Schmachtenberg vor. Hier werde man von alten Probleme eingeholt: Zufriedenheit am Arbeitsplatz, Arbeitszeit und Kinderbetreuung müssten hier angegangen werden.

Berufsanerkennung lässt sich auch später regeln

Personal aus dem Ausland sei ein weiterer Weg. Dabei habe der Bund mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz 2020 den Grundstein gelegt. Die Praxis zeige allerdings, dass große Hürden bestünden, insbesondere im Anerkennungsprozess. Das soll mit dem neuen Gesetzentwurf besser werden. Künftig sollen Menschen schon vor Anerkennung ihrer Ausbildung einreisen und arbeiten dürfen oder auch ganz ohne Ausbildung, wen sie hier damit starten wollten.

Für Schmachtenberg ist der interessanteste Weg die Einwanderung von Fachkräften mit Arbeitsvertrag, aber noch ohne anerkannte Berufsausbildung. "Hier gehen wir den größten Schritt", so der Staatssekretär. "Es muss nicht jeder schon eine Fachkraft im deutschen Sinnen sein, wenn er zu uns kommt." Und an die Betreiber und Träger von Pflegeeinrichtungen gerichtet: "Wenn sich Menschen und Arbeitgeber gegenseitig unterhaken und sagen, wir gehen gemeinsam den Weg der Anerkennung, dann werden wir das unterstützen."

Fachkräfte stehen nicht Schlange für Deutschland

"Auch in der gesellschaftlichen und betrieblichen Integration müssen wir noch besser werden", sagt Schmachtenberg. Gut ausgebildete Menschen würden nicht Schlange stehen, um bei uns zu arbeiten. "Deutschland ist für ausländische Fachkräfte selten die Nummer eins", weiß Schmachtenberg. "Wir stehen im harten Wettbewerb mit anderen Einwanderungsländern, die solche Regeln, wie wir sie jetzt einführen, schon lange haben."

Der Staatssekretär mahnt ein bessere Willkommenskultur an. Hier seien auch die Betriebe gefordert, zum Beispiel, in dem sie neue Mitarbeiter für Sprachausbildung freistellen. Hierzu seien weitere Fördermöglichkeiten beschlossen. Das neue Einwanderungsrecht nehme Druck raus und die Arbeitgeber könnten sich auf Integration, Ausbildung oder berufliche Anerkennung konzentrieren. 

Was die Ausbildung und Anerkennung angehe, seien die Bundesländer am Zug. Sie hätten die Hoheit bei der Ausbildung in der Pflege, und deshalb gebe es da 16 verschiedene Regeln, auch für die Anerkennung von Ausbildungen im Ausland. Es gebe sogar noch Länder, die Schuldgeld verlangten. "Das ist doch Irrsinn. Wir brauchen dringend Pfleger und wie in der 50er Jahren sollen die Leute noch ihre Ausbildung bezahlen." Bund und Einrichtungen müssten den Bundesländern auf die Nerven gehen, um einheitliche Regeln zu bekommen. "Die Länder müssen sich da bewegen", sagt Schmachtenberg. 

Monate warten auf Termin in deutscher Botschaft

Eine ganz andere Schwachstelle bei der Zuwanderung liegt offenbar in den Herkunftsländern. Dort seien die deutschen Botschaften dermaßen unterbesetzt, dass interessierten junge Menschen mitunter ein halbes Jahr auf einen Termin zum Vorsprechen für das Visum warten müssten, kritisiert BPA-Präsident Bernd Meurer. Für ihn nicht akzeptabel, weshalb er eine Beschwerdebrief an das Auswärtige Amt ankündigt.

Thomas Hartung

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