Warum die K&S Gruppe an "Great Place To Work" teilnimmt
Gut über hundert Pflegeanbieter nehmen regelmäßig an der Zertifizierung "Great Place To Work" und dem damit zusammenhängenden Wettbewerb "Beste Arbeitgeber" teil. Viele in der Branche fragen sich: Warum machen die das? Solch ein Siegel interessiert außerhalb des Unternehmens doch niemanden, so die Vermutung. Care vor9 hat mit Ulrich Krantz (Foto) gesprochen, Chef der K&S Gruppe mit Sitz in Sottrum in Niedersachsen. Der macht mit seinen 36 Pflegeheimen regelmäßig bei "Great Place To Work" mit.

Thilo Beck
K&S-Chef Ulrich Krantz – hier im Gespräch mit einer Bewohnerin – ist der Sohn von Hans-Georg Krantz, der das Pflegeunternehmen 1998 gegründet hat.
Care vor9: Warum machen Sie bei "Great Place To Work" mit? Ist Ihnen am Marketing gelegen? Wollen Sie die Bekanntheit Ihrer Pflegeeinrichtungen steigern?
Ulrich Krantz: Nein, ich habe eine ganz andere Motivation: Was Mitarbeiter tatsächlich empfinden, wie sie Dinge beurteilen – das scheint mir oft eine Black Box. Im Vorstand können wir das gar nicht richtig einschätzen, wir blicken oft zu sehr mit einer rosaroten Brille auf unsere Mitarbeiter. Die Mitarbeiterbefragung von Great Place to Work ist so gesehen schon eine richtige Schatzkiste. Man erfährt so viel mehr als etwa durch Einzelgespräche mit Mitarbeitern. Wenn wir uns mit der Zertifizierung stark auf die Mitarbeiter fokussieren, tun wir das übrigens auch für unsere Bewohner. Denn zufriedene Mitarbeiter sind entspannter, belastbarer und deshalb besser in der Lage, sich auf ihr Gegenüber einzustellen. Die sind letztlich ganz anders für die Bewohner da.
Aber würde nicht eine normale Mitarbeiterbefragung reichen?
Die machen wir auch immer mal wieder zwischendurch, aber die Befragung von Great Place To Work ist noch mal etwas ganz anderes: Da steht ein großes internationales Institut dahinter, das genau weiß, wie eine solche Befragung aufgebaut sein muss, damit man valide Daten erhält. Es handelt sich um wissenschaftlich wirklich sehr ausdifferenzierte Fragebögen. Man erfährt zum Beispiel auch, welche Dinge kommen gut bei den Jungen an und welche bei den Älteren.
Was machen Sie dann mit den Ergebnissen?
Wir arbeiten die vielen unterschiedlichen Ergebnisse in Arbeitsgruppen auf und überlegen, welche Konsequenzen wir aus ihnen ziehen. Es geht uns wirklich gar nicht so sehr um die Prämierung, sondern darum, die Ergebnisse gut aufzuarbeiten, damit die Mitarbeiter merken, dass ihre Stimme Gewicht hat. Und ich möchte sagen: Manche Ergebnisse muss man auch aushalten können.
Können Sie ein Beispiel geben?
Ja, wir haben festgestellt, dass es eine überraschend unterschiedliche Wahrnehmung der Betriebszugehörigkeit gibt. Vor gut zehn Jahren hat sich in einer Befragung gezeigt, dass die Mitarbeiter eine enge Bindung zu den Bewohnern haben und sich sehr mit der Einrichtung identifizieren, in der sie arbeiten. Das ist natürlich ein schönes Ergebnis. Aber in einer darauffolgenden Befragung stellte sich heraus, dass sie sich mit der Gesamtgruppe kaum identifizierten.
Und was haben Sie gemacht?
Wir haben ein allgemeines Unternehmensleitbild entwickelt und gefragt, welche Werte wir unseren drei hauptsächlichen Interessengruppen vermitteln wollen. Relativ schnell kristallisierte sich heraus: Lebensqualität den Bewohnern, Verlässlichkeit unseren Kooperationspartner und den Mitarbeitern Wertschätzung gegenüber. Wie diese Werte aber vor Ort zum Ausdruck kommen – das auszuformulieren, haben wir den Mitarbeitern überlassen. So gibt es ein stärkeres Commitment gegenüber den Unternehmenswerten. Außerdem haben wir eine Mitarbeiterzeitung ins Leben gerufen und unser Intranet überarbeitet, um alle mehr am Unternehmensgeschehen teilhaben zu lassen.
Hat das etwas bewirkt?
Ja, die Bewertungen haben sich verbessert. Wir haben aber auch schon mal erlebt, dass wir beim Punkt Ausstattung mit Hilfsmitteln wie Liftern in einem Jahr richtig gut bewertet wurden. Dann haben wir in dem Bereich sogar noch einige Dinge verbessert. Aber was passierte? Die Bewertung wurde plötzlich schlechter. Auch wenn die Bewertung völlig unplausibel scheint: Entscheidend ist, sie nicht einfach abzutun und die Gründe für die schlechtere Bewertung herauszufinden.
Haben Sie herausgefunden, woran es lag?
Ja, manche haben die Hilfsmittel nicht so optimal eingesetzt, wie es eigentlich gedacht war. Wir haben dann noch mal aufgezeigt, welche Hilfsmittel genau wir zur Verfügung stellen und Schulungen dazu veranstaltet.
Darf ich fragen, was die Zertifizierung kostet?
Eine allgemeingültige Aussage kann ich dazu nicht treffen, der Preis ist sicherlich von vielen Faktoren abhängig wie der Größe der Einrichtung. Unsere Seniorenresidenzen haben im Schnitt 120 Plätze und wir zahlen pro Haus rund 10.000 Euro für die Zertifizierung. Pro Jahr beteiligen wir uns meistens mit drei Einrichtungen.
Dafür erfahren wir aber auch noch, wo wir im Vergleich mit anderen Pflegeanbietern in Deutschland stehen, in welchen Bereichen wir besser sind als andere und in welchen schlechter. Hinzu kommt ein regionaler sowie ein branchenübergreifender Vergleich. Es gibt einen richtig guten Benchmark.
Wir freuen uns auch immer sehr auf die feierliche Preisverleihung. Zu der kommen pro Haus übrigens auch jedes Mal fünf Mitarbeiter aus den verschiedenen Berufsgruppen mit. Die Preisverleihung ist natürlich in erstere Linie Vergnügen, aber sie nützt uns gleichzeitig: Wir treffen dort viele andere Arbeitgeber und bekommen mit, welche Maßnahmen bei ihnen erfolgreich sind. Eine solch gute Gelegenheit, über den eigenen Tellerrand hinwegzublicken, findet man im Arbeitsalltag nur selten.
Das Interview führte Kirsten Gaede