Mit Filmen bekommen Demenzkranke Besuch vom Wald
Studien bestätigen die unterstützende Wirkung der Natur und vor allem von Wald auf Demenzkranke. Und wenn die Pflegebedürftige nicht mehr in den Wald gehen können, dann muss der Wald eben zu ihnen kommen. Genau das macht Gerontologin Friederike Bähr aus dem fränkischen Marktheidenfeld. Mit selbstgedrehten Filmen, Geräuschen und gesammelten Dinge zum Anfassen besucht sie Pflegeheime, eine Idee aus der Corona-Zeit.
Das Zwitschern der Vögel zaubert dem Heimbewohner ein Lächeln der Erinnerung ins Gesicht. Die Augen werden klar, aufmerksam verfolgen sie den Spaziergang einer Person durch den fränkischen Wald. Ein Stapel Baumstämme liegt am Wegesrand, Frösche quaken, die Sonne bricht durch die Blätterkronen, eine ruhige Stimme schildert zusätzlich das Gesehene. Der Demenzkranke entspannt sichtlich.
"Waldspaziergang" nennt sich der knapp zwölf Minuten lange Film, den die Gerontologin und examinierte Krankenschwester Friederike Bähr (Foto) für den Einsatz in stationären, teilstationären und ambulanten Einrichtungen der Altenhilfe produziert hat. Sieben weitere Folgen gibt es, alle stellen den Wald und die Natur in den Mittelpunkt. Bei manchen erklingen Lieder wie "Ein Vogel wollte Hochzeit feiern", die Zuschauer zum Mitsingen animieren, oder es werden leichte Quizfragen gestellt. Der Sinn dahinter: Vor allem Demenzkranke sollen sich erinnern und in die eigene Biografie abtauchen.
Die Idee für die Filme kam der Hobbyfotografin in der Corona-Zeit, als sie in ihrer täglichen Arbeit mitbekam, wie sehr die Pflegebedürftige in ihrer Aufmerksamkeit und Lebensfreude abbauten. "Das fand ich enorm schlimm", sagt Bähr. In dieser Phase habe es in Pflegeheimen aufgrund der Mehrbelastung des Personals auch weniger Kommunikation mit den Bewohnern gegeben. "Je mehr ein Mensch kommunikativ abbaut, desto mehr muss man andere Zugangswege finden."
Filme helfen dem Pflegepersonal bei der Arbeit
Die von Bähr produzierten Filme sollen diese Ansätze liefern, auch für das Betreuungspersonal. Über gemeinsam gesungene Lieder oder kleine Gespräche können die Heimbewohner vielfältig sensorisch aktiviert werden, bei einer Folge der Filmreihe kommen auch Tastaufgaben mit Baumrinde, Moos, Steinen oder Tannenzapfen ins Spiel.
Damit so viele Einrichtungen wie möglich die Atmosphäre von Wald und Natur nutzen können, bietet Bähr die Filme zur dauerhaften Nutzung an, entweder über einen versendeten USB-Stick für PCs oder einen Laptop oder als Download für die Nutzung via Tablet. Besitzt eine Einrichtung einen Beamer, kann ein Film auch auf einer Leinwand oder einer x-beliebigen weiß gestrichenen Wand gezeigt werden.
Die Kosten sind moderat, denn "ich habe das nicht zum Geldverdienen entwickelt, sondern um möglichst vielen zu helfen." Je nach Folge beträgt der dauerhafte Nutzungspreis 125 bis 150 Euro pro Film, das Gesamtpaket "Besuch vom Wald" mit allen acht Filmen bekommen Pflegeeinrichtungen für 1.000 Euro.
Sven Schneider