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24. März 2024 | 18:59 Uhr
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So funktioniert eine Insolvenz in Eigenverwaltung

Pflegeanbieter, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten, setzen oft auf die Insolvenz in Eigenverwaltung, die ihnen die Möglichkeit gibt, die Sanierung selbst zu gestalten. Allerdings ist dies nicht immer erfolgreich und Gerichte können das Verfahren ablehnen, wenn bestimmte Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Wann das Verfahren sinnvoll ist, wann nicht und wie es abläuft, erklärt Gastautor Rechtsanwalt Matthias Dieckmann aus Landshut, der seit vielen Jahren als Insolvenzverwalter arbeitet.

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Das Ziel der Eigenverwaltung ist die vollständige und rasche Sanierung des Unternehmens, am besten natürlich schon dann, wenn die Zahlungsunfähigkeit droht, aber auch bei bereits unmittelbar bevorstehender Zahlungsunfähigkeit. Der besondere Reiz dieses gerichtlichen Verfahrens liegt darin, dass kein Insolvenzverwalter vom Gericht bestellt wird, der die Geschäfte übernimmt, sondern lediglich ein Sachwalter, der die Aufsicht über die Geschäftsführung während der Sanierung führt. Dadurch behält die Geschäftsführung die vollständige Kontrolle über das Unternehmen und kann versuchen, dieses in Eigenregie unterstützt durch insolvenzrechtliche Expertise zu retten, es zukunftsfähig aufzustellen und Arbeitsplätze zu erhalten.

Nicht warten bis zur Zahlungsunfähigkeit

Ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung können natürliche Personen, Personengesellschaften als auch Kapitalgesellschaften durchlaufen. Eine wichtige, aber nicht unbedingt notwendige Voraussetzung für eine gelungene Sanierung, ist, dass das Unternehmen noch nicht zahlungsunfähig sein sollte, weil ansonsten der Handlungsspielraum für eine Sanierung stark verkürzt wird. Dies wird in der Pflegebranche oft übersehen.

Besser ist es, bereits zu handeln, sobald sich eine finanzielle Schieflage für die Zukunft abzeichnet. Dann ist es ratsam, fachliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um sämtliche Optionen einer Sanierung auszuloten, handlungsfähig zu bleiben und eine Insolvenz in Eigenverwaltung anzustreben, die sehr gute Sanierungschancen eröffnet. Man denke beispielhaft nur an die Übernahme der Lohnzahlungen für drei Monate seitens der Bundesagentur für Arbeit (Insolvenzgeld) oder die Möglichkeit sich einseitig von ungünstigen Verträgen zu lösen oder bessere Bedingungen verhandeln zu können.

Gericht überzeugen, dass eine Sanierung möglich ist

Im gut vorbereiteten Antrag auf Eigenverwaltung muss die Geschäftsführung das Gericht davon überzeugen, dass sie in der Lage ist, das Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen und welchen Weg sie dabei einschlagen will.  

Der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung wird beim zuständigen Amtsgericht gestellt. Das Gericht prüft die Voraussetzungen, genehmigt eine vorläufige Eigenverwaltung und bestellt einen Sachwalter als Aufsichtsorgan. Falls die Voraussetzungen nicht erfüllt sind, kann das Gericht bereits an dieser Stelle den Antrag ablehnen und der Eintritt in das Regelinsolvenzverfahren erfolgt, was dazu führt, dass die Geschäftsleitung nicht mehr selbstständig handeln kann.

Mit dem Antrag auf Eigenverwaltung muss die Geschäftsführung in einer Eigenverwaltungsplanung Gründe für die Krise sowie erste mögliche Sanierungsschritte zur Überwindung derselben darlegen. Nach Ausarbeitung eines umfangreichen Sanierungskonzeptes und Eröffnung des Eigenverwaltungsverfahrens wird ein Insolvenzplan bei Gericht eingereicht, in dem die Befriedigung der Insolvenzgläubiger, das Sanierungskonzept sowie dessen Umsetzung und Finanzierung dargelegt wird.

Gläubiger müssen ins Boot geholt werden und mitziehen

Danach gilt es, die Gläubiger mehrheitlich davon zu überzeugen, dass der Insolvenzplan das Unternehmen retten kann. Die Gläubiger müssen in der Regel auf einen deutlichen Teil ihrer Forderungen verzichten und ihre Zustimmung ist ein unverzichtbarer Teil des Insolvenzplans. Anschließend muss das Gericht den Plan genehmigen. Unter zu Hilfenahme von entsprechender fachlicher Expertise in der Vorbereitung des Verfahrens, aber auch nach Eröffnung des Verfahrens gelingt dies meistens auch.

Nach mehrheitlicher Zustimmung der Gläubiger sowie gerichtlicher Bestätigung des Insolvenzplans wird das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung aufgehoben und die Geschäftsführung kann die bereits begonnene Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen zu Ende bringen. Das Verfahren dauert meistens mehrere Monate bis zu einem Jahr, in Ausnahmefällen auch länger, wie lange genau hängt von den individuellen Umständen ab.

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Matthias Dieckmann ist Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht, Insolvenzverwalter, Sachwalter sowie zertifizierter Zwangsverwalter. Seit dem Jahr 2000 war er in mehr als tausend Firmen- und Privatinsolvenzen als Gutachter und Insolvenzverwalter tätig. Darüber hinaus ist er seit Jahren Notgeschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens und Veranstalter des Ostbayerischen Insolvenzrechtstags.

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