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25. Juni 2025 | 07:00 Uhr
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Warum die Digitalisierung Pflegekräfte noch nicht entlastet

Digitale und KI-gestützte Anwendungen versprechen Entlastung in der Pflege, doch in der Praxis gibt es viele Hürden. Den Einrichtungen fehlt oft das Wissen darüber, welche Technik tatsächlich Zeit spart. Eine Analyse der Friedrich-Ebert-Stiftung warnt vor einer Entkopplung von Anspruch und Wirklichkeit. Damit Pflegekräfte von neuen Technologien profitieren können, sind verlässliche Wirkungsmessung, gezielte Förderung wirksamer Technologien und praxisnahe Umsetzungshilfen – vor allem für kleinere Träger – notwendig.

Roboter Hände Spritze alte Frau iStock miriam-doerr.jpg

Roboter und digitale Technik müssen in die vorhandenen Prozesse eingebettet werden, sonst können sie mehr Arbeit machen als Zeit ersparen

Digitale Anwendungen sollen dabei helfen, den steigenden Arbeitsdruck zu mindern. Doch in der Realität gelingt das bislang nur selten. In ihrer aktuellen Analyse sehen die Autoren Julia Bringmann und Michaela Evans-Borches von der Friedrich-Ebert-Stiftung große Lücken zwischen Anspruch und Wirkung. Viele Einrichtungen sind mit der Auswahl und Implementierung digitaler Technik überfordert. Die Folge: Anstatt für Entlastung zu sorgen, entstehen durch technische Probleme, unklare Prozesse oder unzureichende Schulungen zusätzliche Belastungen.

Wirkung unklar, Förderung punktuell

Während Krankenhäuser gefördert wurden, hinkt die Langzeitpflege bei der Digitalisierung hinterher. Die Fördermittel werden nur teilweise abgerufen. Kleine und mittlere Einrichtungen scheitern häufig an den Bedingungen – sei es wegen fehlender finanzieller Mittel oder mangels personeller Ressourcen für die Einführung und den Betrieb der Technik.

Zudem gibt es bislang kaum gesicherte Nachweise darüber, welche digitalen Anwendungen tatsächlich Arbeitszeit sparen. Studien zeigen ein ambivalentes Bild: Teilweise profitieren Pflegekräfte, teilweise entsteht Mehrarbeit, beispielsweise durch zusätzliche Dokumentation oder technische Ausfälle.

Erfahrungswissen gezielt nutzen

Um die "digitale Dividende" für die Pflege zu heben, empfiehlt die Stiftung eine bessere Bündelung von Erfahrungswissen, beispielsweise durch regionale Netzwerke oder Kompetenzzentren. Dort könnten Einrichtungen voneinander lernen, welche Technik sich eignet und wie sie in den Alltag integriert werden kann. Auch Umfragen zu Erfahrungen mit konkreten Softwarelösungen oder Schulungen könnten Orientierung geben.

Eine wichtige Rolle spielen dabei regionale Gesundheitsnetzwerke und das Kompetenzzentrum Digitalisierung und Pflege. Sie sollen Wissen systematisieren und kleineren Trägern zugänglich machen, beispielsweise durch standardisierte Erfolgsindikatoren oder Transferformate wie digitale Lernreisen.

Vermeidung von Fehlentwicklungen

Um negative Effekte zu vermeiden, rät die Stiftung zu einheitlichen Prozessstandards bei der Einführung digitaler Technik. Entscheidend ist, dass Anwendungen nicht nur technisch funktionieren, sondern auch organisatorisch eingebettet werden. Dafür sind laut Friedrich-Ebert-Stiftung Projektmanagement, Schulungen, eine stabile Infrastruktur und die frühzeitige Beteiligung der Beschäftigten unerlässlich. Andernfalls droht Technikverdichtung statt Arbeitsentlastung.

Die Analyse betont auch den Bedarf an digitalen Kompetenzen in der Pflegeausbildung. Pflegekräfte sollen nicht nur Technik anwenden, sondern sie im Versorgungsalltag mitgestalten können. Dafür sind spezialisierte Qualifikationen und neue Rollenprofile erforderlich, etwa im Bereich der Pflegeinformatik.

Politik in der Pflicht

Zugleich schlägt die Stiftung vor, gesetzliche Digitalisierungsinitiativen künftig systematisch wissenschaftlich zu begleiten. Nur so könne geprüft werden, ob Versprechen wie Zeitgewinn und eine bessere Versorgung auch im Alltag eingelöst werden.

Für die flächendeckende Umsetzung wirksamer digitaler Anwendungen fordert die Studie mehr politisches Engagement. Förderprogramme müssten klarer auf nachweislich entlastende Technik ausgerichtet sein. Zugleich brauche es ein verbindliches Monitoring zur Wirkung der Digitalisierung auf Arbeits- und Versorgungsqualität.

Die komplette zehnseitige Analyse Die digitale Dividende in der Pflege – warum sie nicht ankommt, und was wir dagegen tun können, kann als PDF kostenlos von der Website der Friedrich-Ebert-Stiftung heruntergeladen werden.

Thomas Hartung

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