KDA-Papier rüttelt am Status Quo der Pflegeanbieter
Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) hat unter dem Titel "Reset Pflegeversicherung" ein Thesenpapier veröffentlicht. Sollte es umgesetzt werden, hätte dies weitreichende Folgen für Pflegeanbieter. Es setzt auf kommunale Bedarfsplanung und die Aufhebung des Kontrahierungszwangs für die Pflegekassen. Nach den Vorstellungen des KDA sollten Pflegeeinrichtungen zu kooperationsbereiten Akteuren im Quartier werden.

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Stuhl, Bett, Nachttisch – die Zeit der genormten Angebote in der Pflege sei vorbei, meint das KDA. Künftig seien bedürfnisorientierte Angebote gefragt
Zu den Autoren des KDA-Papiers zählt der Sozialexperte Thomas Klie von der Evangelischen Hochschule Freiburg, der zudem als Justiziar für die Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB) tätig ist. Weitere Beteiligte sind Michael Ranft, der bis 2024 Staatssekretär im brandenburgischen Sozialministerium war und heute als Justiziar und Vizepräsident des Berliner DRK-Landesverbandes tätig ist, sowie die Gesundheitsökonomin Nadine-Michèle Szepan, die seit 2010 die Abteilung Pflege im AOK-Bundesverband leitet. Das Papier ist der dritte Teil der KDA-Schriftenreihe „Pflegepolitik gesellschaftspolitisch radikal neu denken”.
"Schriftenreihe" – das klingt schwerfällig-akademisch. Doch der Eindruck täuscht: Mit dem Papier möchten die drei Autoren Einfluss auf die Weichenstellung in der aktuellen Pflegepolitik nehmen. "Das in 14 Thesen gegliederte Papier verstehen die Autoren ausdrücklich auch als konkrete Handlungsempfehlung für die Politik, hier insbesondere adressiert an die neue Bundesregierung sowie an die Abgeordneten des 21. Deutschen Bundestages", heißt es beim KDA. Mit dem Papier macht das Kuratorium "konkrete Vorschläge auf Grundlage einer Vision, wie Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarfen Teilhabe im gewohnten Umfeld ermöglicht werden kann".
Pflegeanbieter werden zu "Mitgestaltern von Versorgungssystemen vor Ort"
Eine zentrale These der Autoren lautet, dass Pflege lokal vernetzt sein soll, "sozialraumorientiert" und nicht mehr isoliert in Einrichtungen stattfinden. Das bedeutet für die traditionellen Pflegeanbieter: Sie sollten sich gegenüber dem Quartier öffnen, mit anderen Diensten kooperieren und flexibel auf Bedarfe reagieren. Das KDA sieht Pflegeunternehmen also nicht schlicht als "Leistungserbringer", sondern als "Mitgestalter von Versorgungssystemen vor Ort".
Gleich zu Beginn ihres Papiers machen die Autoren deutlich, dass sich das künftige Pflegesystem "an den konkreten Bedürfnissen und Lebenslagen der pflegebedürftigen Menschen wie auch der in der Pflege tätigen Menschen – sei es professionell, aus familiären oder sozialen Zusammenhängen oder bürgerschaftlich – auszurichten" habe. Daraus schließen Klie, Szepan und Ranft, dass ein pauschaler Zulassungsanspruch, wie in § 72 SGB XI formuliert, nicht mehr möglich ist. Pflegekassen sollten Verträge künftig selektiv und nur bei nachgewiesenem Bedarf abschließen.
"Von einer Misstrauens- hin zu einer Vertrauenskultur"
Wenn Selektivverträge den Vorstellungen der Pflegeanbieter nicht entsprechen, dürften sie doch in puncto Kontrollen und Dokumentation mit dem KDA beziehungsweise den Autoren übereinstimmen. Im Thesenpapier heißt es, Aufsichtsbehörden sollten "von dysfunktionalen Kontrollen und Dokumentationen" entlastet werden. Es sollte das Motto gelten: "Von einer Misstrauens- hin zu einer Vertrauenskultur". Dafür würden die Kontrollen bei "schwarzen Schafen, die ihrer fachlichen und menschenrechtlichen Verantwortung nicht nachkommen", effizienter organisiert und umgesetzt.
Das gut 30-seitige Thesenpapier Reset Pflegeversicherung steht auf der KDA-Website zum Download bereit.
Kirsten Gaede