Das sind die Ideen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe
In einem aktuellen Entwurf sind auf elf Seiten die Ideen der letzten Monate für eine Pflegereform zusammengefasst. Nun sitzen die Bundesländer über den noch nicht abgestimmten Eckpunkten, die Care vor9 vorliegen. Die wichtigsten Inhalte aus Sicht der Betreiber im Überblick: von Arbeitgeberbeiträgen über Flexibilisierung beim Personaleinsatz bis zu "Eigeneinrichtungen" von Kassen und Kommunen.
Kirsten Gaede
Der Entwurf der Bund-Länder AG entlastet Betreiber, verlangt ihnen aber auch einiges ab
Ein für die Arbeitgeber sehr wichtiger Punkt in dem Papier: Ihnen soll mehr Flexibilität beim Personaleinsatz gewährt werden. Vorgesehen ist eine Flexibilisierung beim Einsatz von berufserfahrenem Hilfskraftpersonal und bei zusätzlichen Betreuungskräften und Beauftragtenrollen. Mittelfristig sollen die Doppelstrukturen zwischen Fachkraftquote (Landesrecht) und sozialrechtlicher Mindestpersonalausstattung aufgelöst werden.
Wenig Begeisterung bei Betreibern dürfte ein anderer Vorschlag auslösen: Pflegekassen und Kommunen sollen im Falle von Unterversorgung selbst Einrichtungen, sogenannte "Eigeneinrichtungen", betreiben können.
Vereinfachte Vergütungsstrukturen
Geplant ist außerdem, die Qualitätssicherungs- und Prüfungsstrukturen, also den Medizinischen Dienst und die Heimaufsicht zu überprüfen. Außerdem sollen Vergütungsstrukturen und Dokumentation vereinfacht werden.
In Aussicht gestellt werden auch Investitionsförderungen für die digitale Infrastruktur und die Nutzung von KI, um die Dokumentation und die Bekämpfung von Fehlverhalten zu erleichtern.
Neue verpflichtende Leistungsangebote
Geplant sind darüber hinaus neue verpflichtende Leistungsangebote mit Personalmehrbedarf wie die "Fachliche Begleitung und Unterstützung bei der Pflege", Pflegenotdienste und ein Notfallbudget sowie die intensive Begleitung von Pflegebedürftigen nach der Einstufung.
Vorgesehen ist außerdem, das System der Entgeltfindung, der Referenztarife und der wirtschaftlichen Anerkennung von Personalkosten zu überprüfen.
Das Sachleistungs- und das Entlastungsbudget sollen neu geordnet und zusammengeführt werden.
Ein weiteres Finanzierungsthema: Die Einnahmeseite der Pflegeversicherung soll künftig auch durch Arbeitgeberbeiträge gestärkt werden. So könnten Arbeitgeber zum Beispiel auch einen Pauschalbeitrag für Minijobs zahlen.
Erste Einschätzung aus Arbeitgeberperspektive
Eine erste Einschätzung der Pläne aus Arbeitgebersicht hat die Ruhrgebietskonferenz Pflege geliefert. Sehr zu begrüßen seien unter anderem die Ideen zum Bürokratieabbau, zur Digitalisierung und zum flexibleren Personaleinsatz. Ein Risiko für Betreiber sei hingegen der Plan, Kassen und Kommunen eigene Einrichtungen gründen zu lassen, sollten sich Versorgungsengpässe abzeichnen.
Kritisch sieht die Ruhrgebietskonferenz Pflege auch die neuen verpflichtenden Leistungsangebote, weil sie den zusätzlichen Personalbedarf erheblich erhöhen würden. "Die Reform legt viele zusätzliche Aufgaben in die Pflege, ohne klare Aussagen zur nachhaltigen, leistungsrechtlichen und personellen Untersetzung. Gefahr einer weiteren Überfrachtung des Systems", so die Organisation.
Das erste Fazit der Ruhrgebietskonferenz Pflege zu dem vorgelegten Ideen: "Insgesamt keine wirkliche Neuaufstellung der Pflege, sondern ein weiterer Versuch, irgendwie über die Runden zu kommen." Die Reform lege viele zusätzliche Aufgaben in die Pflege, ohne klare Aussagen zur nachhaltigen leistungsrechtlichen und personellen Untersetzung. Das berge die "Gefahr einer weiteren Überfrachtung des Systems".
Kirsten Gaede