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29. Juli 2023 | 21:13 Uhr
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Lauterbachs Hitzestrategie beschränkt sich auf Information

Der Juli wird der heißeste Monat weltweit. In Deutschland kratzte das Thermometer erst vor ein paar Tagen an der 40-Grad-Marke. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (Foto) hat nun seine Hitzestrategie vorgelegt. "Es muss aufhören, dass jedes Jahr tausende Menschen den Hitzetod sterben", sagt er. Die Zahlen dahinter sind allerdings widersprüchlich, und konkrete Maßnahme sind in der Strategie nicht enthalten. Für Pflegeeinrichtungen soll es eine "bundeseinheitliche Empfehlung für Hitzeschutzpläne" geben.

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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat eine Hitzestrategie ohne konkrete Schutzmaßnahmen vorgelegt

Die Aussagen des Minister zu Zahlen von Hitzetoten stiften allerdings Verwirrung. "Wir haben das Ziel, die Zahl der Sterbefälle in diesem Jahr zu halbieren, also unter 4.000 zu halten", lässt sich Lauterbach auf der Website des Bundesgesundheitsministerium zitieren. Er beruft sich dabei offensichtliche auf eine EU-weite Studie aus Barcelona, die aus Datenanalysen und Computermodellen für das Jahr 2022 europaweit über 61.000 und für Deutschland 8.000 Hitzetote errechnet hat.

Zahlen des Robert-Koch-Instituts fast um die Hälfte niedriger

Das Robert-Koch-Institut (RKI), das in diesem Jahr erstmals einen Wochenbericht zur hitzebedingten Mortalität veröffentlicht, kommt auf deutlich weniger Hitzetote für das vergangene Jahr. Die "veröffentlichte Analyse des Mortalitätsverlaufs über die Kalenderwochen 15 bis 36 ergibt eine hitzebedingte Übersterblichkeit von rund 4.500 Sterbefällen", heißt es auf der RKI-Seite. Demnach wäre Lauterbachs Anliegen nicht besonders ambitioniert, zumal der Sommer 2022 in Deutschland der bis dahin viertwärmste Sommer seit der Wetteraufzeichnung war.

Genaue Zahlen zu Hitzetoten hat allerdings auch das RKI nicht. Da Hitze selten als Todesursache auf dem Totenschein steht und meist eine Kombination aus Hitze und einer Vorerkrankung zum Tod führt, schätzt das RKI die Fälle. Dazu werden die Temperaturen und die Übersterblichkeit ins Verhältnis gesetzt und mit Sterberaten aus früheren Jahren verglichen. 

85 Prozent der Hitzetoten älter als 75 Jahre

Auf dieser Basis hat das RKI bis Mitte Juli (Kalenderwoche 28) die Zahl der Hitzetote in Deutschland auf 1.500 geschätzt. Rund 85 Prozent der Opfer sind 75 Jahre oder älter, zwei Drittel über 85 Jahre. Das zeigt, dass vulnerable Gruppen einen besonderen Schutz vor extremer Hitze benötigen. Die RKI-Schätzung für die vergangenen Wochen zeigt aber auch, dass die Situation offenbar nicht so dramatisch zu sein scheint, wie Lauterbach sie darstellt. Warum er sich in der Kommunikation nicht an die Zahlen seines RKI-Instituts hält, bleibt unklar.

Der Schwerpunkt seiner Hitzestrategie liege derzeit auf der Kommunikation und der Sensibilisierung, sagt der Bundesgesundheitsministers. Lauterbach verweist als Maßnahme auf ein Plakat der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung, das kostenfrei bestellt werden kann. Die Tipps darauf wie ausreichend trinken, Wohnung kühl halten oder Anstrengung vermeiden, dürften das Problem aber kaum lösen. "Langfristig wollen wir uns aber auch strukturell besser aufstellen" so Lauterbach. "Dafür werden wir uns im Herbst zu einer Statuskonferenz zusammenfinden, um uns für den Sommer 2024 zu rüsten."

Kommt demnächst noch der Hitzebeauftragte?

Pflegedienste und stationäre Pflegeeinrichtungen bekommen Post von Lauterbach. Ein "Ministerschreiben" an Pflegedienste und stationäre Pflegeeinrichtungen habe das Ziel, für die Hitzewellen zu sensibilisieren und spezifische Informationen für Pflegeeinrichtungen zu liefern. Verwiesen wird dabei auch auf eine Sonderseite auf der Website Pflegenetzwerk Deutschland, das vom Bundesgesundheitsminister finanziert wird. Die Tipps dort gehen allerdings auch kaum weiter als die allgemeinen Verhaltenshinweise für jedermann.

Zudem kündigt Lauterbach an, dass mit den Verbänden der Pflegeeinrichtungen besprochen werden soll, ob "in einem zweiten Schritt eine bundeseinheitliche Empfehlung für Hitzeschutzpläne in Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten eine zusätzliche Orientierung bieten kann". Dabei soll auch geprüft werden, "ob und mit welchen Aufgaben in den Pflegeeinrichtungen ein Hitzebeauftragter ernannt werden kann".

Thomas Hartung

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