Neue Pflegeheime treiben Caritasverband in die Insolvenz
Der Caritasverband Breisgau-Hochschwarzwald, der mehr als ein Dutzend Pflegeeinrichtungen betreibt, hat Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet. Dies hat der Vorstandsvorsitzende Hans-Georg Liegener (Foto) am Donnerstag auf einer Pressekonferenz bekanntgegeben. Der Bau vier neuer Pflegeheime habe den Caritasverband auf wirtschaftliche Talfahrt gebracht. Liegener spricht von 60 Millionen Euro Schulden. Ein Sanierungsplan soll die Organisation wieder auf Kurs bringen.
Die Insolvenz in Eigenverwaltung sei beim zuständigen Gericht bereits angemeldet, heißt es in einer Mitteilung des Caritasverbands. Die Sanierungsberater der Kanzlei Schultze & Braun um den Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht, Dirk Pehl, sowie der gerichtlich bestellte vorläufige Sachwalter sollen innerhalb der kommenden Monate einen Sanierungsplan erarbeiten. Gleichzeitig wurde Pehl zum Vorstand des Caritasverbandes Breisgau-Hochschwarzwald bestellt und Dagmar Weiss "im gegenseitigen Einvernehmen als Vorständin abberufen".
Sanierungsanwalt in Vorstand berufen
Der Sanierungsplan soll die Altenhilfe und sozialen Dienste dauerhaft sichern. "Einschränkungen im Umfang und bei der Qualität der Versorgungsleistungen und des Betreuungsangebotes gibt es keine", sagt Liegener. Die Versorgung und Betreuung der Bewohner in den Pflegeeinrichtungen sowie alle anderen sozialen Angebote seien für die nächsten drei Monate ebenso abgesichert wie die Bezahlung der 800 Mitarbeiter, so der neue Vorstand Pehl.
Als Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht begleitet er den Caritasverband bereits seit dem Frühjahr "bei der Bewältigung der wirtschaftlich sehr herausfordernden Situation". Eine Zerschlagung oder eine Fusion mit einem anderen Caritasverband stehe nicht zur Debatte, heißt es. Jetzt werde ein solider Sanierungsplan ausgearbeitet, um die Organisation wieder auf Kurs zu bringen.
Mit vier Neubauten in der Schuldenfalle
Der Caritasverband hatte 2015 einen Ausbau der Kapazitäten im Bereich der Altenhilfe beschlossen und vier Neubauten in Angriff genommen. Die Einrichtungen wurden während der Corona-Pandemie fertig und gingen auch in Betrieb. Durch die Entwicklungen sei der Verband "in der aktuellen Situation besonders vulnerabel und sehr stark von den Auswirkungen betroffen".
Gemeint sind fehlendes Fachpersonal und in Folge eine zu geringe Auslastung der neuen Pflegeheime. Dadurch hat sich ein riesiger Schuldenberg aufgetürmt. Die Rede ist von 60 Millionen Euro.
Neuer Vorstandschef erst ein Monat im Amt
Liegener wurde erst Anfang August zum neuen Vorstandsvorsitzenden des Caritasverbands Breisgau-Hochschwarzwald berufen. Der 69-jährige Theologe, Psychologe und Supervisor übernahm die Führung von Jochen Kandziorra, der "in gegenseitigem Einvernehmen" ausgeschieden ist. Liegener soll die Zukunftsfähigkeit des Verbandes sicher, der sich "seit Herbst 2022 in einer wirtschaftlich sehr herausfordernden Situation befindet", hieß es schon bei seiner Ernennung. Er arbeitete 20 Jahre als Vorstand und Geschäftsführer eines NRW-Caritasverbands.
Die Website Kirchen und Leben berichtet zudem, dass die Staatsanwaltschaft gegen den früheren Vorstand ermittele. Es stehe der Vorwurf im Raum, die Caritas habe Pflegeleistungen in Alten-Wohngemeinschaften zu Unrecht über den eigenen ambulanten Pflegedienst verbucht und abgerechnet. Die Anwälte des Caritasverbands hatten die Betrugsanschuldigungen zurückgewiesen und eine Durchsuchung Ende Juli als unverhältnismäßig kritisiert.
Thomas Hartung