Pflege ist noch nicht bereit für die Telematikinfrastruktur
Der Anschluss der Pflege an die Telematikinfrastruktur (TI) ist ab dem 1. Juli 2025 für Pflegeeinrichtungen verpflichtend. Doch eine aktuelle Umfrage von Care vor9, die Chefredakteur Thomas Hartung (Foto) auf der Pro Care in Hannover präsentierte, zeigt: Die meisten Pflegeeinrichtungen sind noch nicht so weit. Wichtige Zugangskarten und die Technik fehlen oft, Schulungen für das Personal werden kaum angeboten. Besorgniserregend: Fast ein Drittel der Einrichtungen hat noch gar nichts unternommen.

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Die Pflege hinkt bei der TI hinterher, so Care-vor9-Chefredakteur Thomas Hartung auf der Pro Care
Nur zwölf Prozent der 134 Umfrageteilnehmer gaben an, dass ihre Einrichtung bereits an die TI angeschlossen ist. Tatsächlich dürfte der Anteil noch geringer sein. Denn eine Nachfrage bei der Gematik, die vom Bund mit der Einführung der TI im Gesundheitswesen beauftragt ist, zeigt: Tatsächlich waren es Ende Januar erst 1.800 der bundesweit 30.000 Pflegeeinrichtungen. Das sind gerade einmal sechs Prozent.
23 Prozent der Befragten befinden sich nach eigenen Angaben im Anbindungsprozess. Weitere 14 Prozent verfügen zwar über die notwendige Hard- und Software, sind aber noch nicht vernetzt. Kommentare der Befragten deuten darauf hin, dass es auch bei den Softwareanbietern Probleme gibt.
Fast jeder Dritte hat noch nichts unternommen
Eine weitere Hürde sind die notwendigen Zugangskarten: Nur 21 Prozent der befragten Einrichtungen verfügen über die Institutionskarte (SMC-B), weitere 8 Prozent haben sie beantragt. Etwas besser sieht es bei den Heilberufeausweisen (HBA) für das Pflegepersonal aus. 34 Prozent haben sie bereits, 20 Prozent warten darauf. Besonders kritisch: Fast ein Drittel der befragten Einrichtungen hat sich noch gar nicht mit der TI beschäftigt.
Nicht nur die Technik, auch die Vorbereitung der Mitarbeiter hinkt hinterher. Drei Viertel der befragten Einrichtungen haben bislang keine Schulungen geplant oder sich darüber Gedanken gemacht. Nur 9 Prozent haben ihre Mitarbeiter bereits geschult, 16 Prozent bereiten Schulungen vor. Die Gematik bietet zwar Erklärvideos und Veranstaltungen an, überlässt die Schulungen aber weitgehend den Pflegegruppen, Softwareanbietern und Verbänden.
Gedämpfte Erwartungen beim Nutzen der TI
Auch der erwartete Nutzen der TI fällt bei den Pflegeeinrichtungen eher verhalten aus. Als besonders vielversprechend wird das Messenger KIM (Kommunikation in der Medizin) eingeschätzt: 37 Prozent der Befragten versprechen sich davon Verbesserungen. Die KIM ermöglicht eine schnelle und sichere Kommunikation zwischen Pflegeeinrichtungen, Ärzten, Apotheken und Therapeuten. 16 Prozent sehen Vorteile in der elektronischen Patientenakte (ePA), 13 Prozent im elektronischen Rezept. Fast ein Drittel der Befragten erwartet allerdings keinen großen Nutzen durch die TI.
Care vor9 hat die Leserumfrage im Januar durchgeführt. Sie ist nicht repräsentativ, liefert aber ein aktuelles Stimmungsbild und ist ein guter Gradmesser. 134 Führungskräfte haben teilgenommen. Etwas mehr als die Hälfte der Teilnehmer arbeitet in der stationären, etwas weniger als jeder Zweite in der ambulanten Pflege. Zwei Drittel der Teilnehmer waren Geschäftsführer oder Einrichtungsleiter, rund ein Viertel Pflegedienstleiter.
Thomas Hartung