Regionale Löhne in der Pflege steigen stärker als erwartet
Die regionalen Entgelte für Pflegekräfte steigen 2026 im bundesweiten Durchschnitt über alle Qualifikationen hinweg um weitere fast fünf Prozent auf 23,70 Euro pro Stunde. Bremen liegt mit einem Plus von 11,8 Prozent an der Spitze. Viele Arbeitgeber waren von einer Erhöhung zwischen 2 und 3,5 Prozent ausgegangen. Aufgrund der Tariftreuebindung könnten die Eigenanteile für Pflegeheimbewohner um weitere 100 Euro steigen.
Jens Schünemann
Durch die Lohnerhöhungen werden die Eigenanteile um rund 100 Euro steigen
Am höchsten liegt der Stundenlohn laut jetzt veröffentlichter AOK-Tabelle in Hamburg (24,55 Euro), in Nordrhein-Westfalen (24,21 Euro) und in Rheinland-Pfalz (24,01 Euro). In Hamburg beträgt der Stundenlohn für eine Pflegefachkraft fast 28 Euro (27,89 Euro). Das niedrigste Entgelt gilt in Mecklenburg-Vorpommern (22,44 Euro) und in Thüringen (22,53 Euro).
Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) ermittelt die regionale Entgelttabelle seit Einführung der Tariftreuepflicht 2022. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet, rechnet GKV-Chef Oliver Blatt infolge der Lohnanpassungen mit einer Erhöhung der Eigenanteile um durchschnittlich 100 Euro pro Monat, davon werden im Schnitt 30 Euro über Entlastungszuschläge aufgefangen. Die Politik müsse endlich Wege aufzeigen, um höhere Belastungen zu begrenzen, so Blatt. Bei der Pflegeversicherung werden die Gehaltssteigerungen voraussichtlich zu Mehrausgaben von rund 260 Millionen Euro im Jahr führen.
BAD: "Kostenträger zögern, die Gehaltssteigerungen vollständig anzuerkennen"
Der Bundesverband Ambulante Dienste und Stationäre Einrichtungen (BAD) warnt, die neuen Löhne gleich zu Jahresbeginn zahlen zu müssen, werde "die wirtschaftliche Existenzgrundlage von Pflegebetrieben gefährden". Viele Kostenträger zögerten, die Steigerungen vollständig anzuerkennen. "Das hat in der Vergangenheit bereits zu erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten bis hin zu Insolvenzen von Pflegeeinrichtungen geführt", sagt BAD-Bundesgeschäftsführerin Andrea Kapp.
Pflege-Butler-Chef Cito Aufenacker meint, die Situation sei besonders verheerend, weil auch nicht mit einer Dynamisierung bei den Pflegegraden zu rechnen sei. "Diese wurden bereits 2024 und 2025 angehoben. Das nächste Mal wird das voraussichtlich erst wieder gemäß Paragraf 30 SGB XI 2028 passieren." Auch einen Inflationsausgleich oder anderen Zuschüsse werde es vermutlich nicht geben.
BAD-Chefin Kapp meint außerdem: Viele Pflegebedürftige werden wegen der Preissteigerungen infolge der Lohnerhöhungen nicht mehr so viel Pflegeleistungen beziehen können wie bisher. "Denn die Politik ist nicht gewillt, die dringend erforderliche Anhebung der Pflegesachleistungsbeträge vorzunehmen. Eine Unterversorgung der pflegebedürftigen Menschen wird sehenden Auges in Kauf genommen!"
Im Juni vermutete Michael Greiner, Leiter der BAD-Geschäftsstelle Mitte, noch, die Entgelterhöhung für 2026 könnte zwischen 2 und 3,5 Prozent liegen.
Die aktuelle Entgelt-Tabelle Tarifliche Entlohnung in der Langzeitpflege findet sich auf der Website des GKV-Spitzenverbands, eine gut überschaubare Exceltabelle mit den wichtigsten Zahlen auf der Seite der AOK.
Kirsten Gaede