Staunen über Verdis Forderung nach bezahlter Pause
Acht Prozent Lohnerhöhung, mindestens 350 Euro, höhere Zeitzuschläge – die Forderungen von Verdi im öffentlichen Dienst sind ordentlich, aber nicht überraschend. Doch jetzt kommt die bezahlte Pause bei Wechselschicht hinzu. Das ist für Pflegeheime keine marginale Forderung, denn sie haben viele Wechselschicht-Beschäftigte. Der Vorsitzende des Verbands der kommunalen Pflegeeinrichtungen (BKSB), Alexander Schraml, nennt die Forderung "systemwidrig". Isabell Halletz vom Arbeitgeberverband Pflege (AGVP) glaubt nicht, dass Verdi sich damit durchsetzt.

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Arbeitgeber müssen Pausen zwar ermöglichen, sind aber bisher nicht verpflichtet, sie zu bezahlen
Doch warum überhaupt die Aufregung um die Forderungen von Verdi? Schließlich gilt der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) nur für sehr wenige Träger in der Altenpflege: Die meisten Pflegeeinrichtungen sind nicht kommunal. Aber gerade freigemeinnützige Träger orientieren sich oft am TVöD.
So hat etwa die Mitarbeiterseite bei der Caritas – in vollem Wortlaut: Mitarbeiterseite der Arbeitsrechtlichen Kommission Deutscher Caritasverband (Akmas) – den Ruf nach bezahlten Pausen bei Wechselschicht ebenfalls in ihren aktuellen Forderungskatalog aufgenommen. Ihre Argumente decken sich mit denen von Verdi: Wechselschichten seien eine hohe Belastung, und in anderen Berufe mit Schichtsystem gebe es auch bezahlte Pausen, etwa im Rettungsdienst und bei der Feuerwehr.
Relevant für die Altenpflege sind die momentanen Verhandlungen aber auch, weil sich seit Einführung der Tariftreueregelung vermehrt private Altenpflegeträger am TVöD orientieren – oder ihn sogar anwenden. "Die Verhandlungen waren schon immer ein guter Indikator dafür, in welcher Richtung sich die Erhöhungen bewegen. Aber jetzt haben sie für uns noch mal eine besondere Relevanz. Und ja: Die aktuellen Forderungen sind nicht unerheblich, obgleich man immer bedenken muss, dass Gewerkschaften mit einem möglichst großen Strauß starten und ein möglichst großes Gesamtpaket schnüren", sagt Halletz, die Geschäftsführerin beim Arbeitgeberverband Pflege (AGVP).
"Bezahlte Pausen – eine systemwidrige Forderung"
Trotzdem kann Halletz nicht nachvollziehen, dass Verdi nun bezahlte Pausen für Beschäftigte in Wechselschicht ins Spiel bringt: "Gerade wurde die Aufzeichnungspflicht für Arbeitszeiten eingeführt. Und in dem Zusammenhang wird immer wieder betont, dass Pausenzeiten keine Arbeitszeit sind, was auch unmittelbar einleuchtet."
Auch BKSB-Vorsitzender Schraml ist überrascht: "Das ist in meinen Augen eine systemwidrige Forderung. Die Belastung durch die Wechselschicht-Arbeit wird bereits finanziell ausgeglichen. Selbstverständlich kann man darüber streiten, ob das ausreicht. Aber plötzlich bezahlte Pausen zu verlangen, ist in etwa so nachvollziehbar, als würde man kostenlosen Kaffee fordern für alle, die Wechselschicht arbeiten."
Sollte Verdi sich mit seiner Forderung nach bezahlten Pausen durchsetzen, fürchtet Schraml "erhebliche Mehrkosten" für Arbeitgeber. Halletz glaubt nicht, dass es so weit kommen wird, die Forderung sei einfach zu absurd.
Nach der ersten Verhandlungsrunde im öffentlichen Dienst am Freitag, 24. Januar, folgen noch zwei weitere am 17. und am 18. Februar sowie vom 14. bis 16. März.
Kirsten Gaede