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30. Januar 2024 | 22:55 Uhr
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Altenpflege sieht sich bei Krankenhausreform ausgegrenzt

Die anstehende Krankenhausreform in Bund und Ländern setzt stärker auf eine ambulante Versorgung und die enge Zusammenarbeit der Sektoren. Doch die Pflege hatten die Gesundheitsminister dabei nicht auf dem Schirm, bemängelt nicht nur Roland Weigel, Koordinator der Initiative Ruhrgebietskonferenz Pflege. Doch ohne die Einbindung der Pflege könne die Krankenhausreform nicht funktionieren, so der Tenor einer Expertenrunde, die darauf pocht, mitzureden.

Krankenhaus Krankenbett iStock cyril martin.jpg

Wie es nach der Entlassung von Patienten weitergeht, konnte die Pflege bei der Krankenhausreform nicht mitbestimmen

"Wir sitzen nicht mit am Tisch", kritisiert Christian Westermann, der den Pflegedienst Engel vonne Ruhr betreibt und sich damit auf chronische Wunden spezialisiert hat. Dabei sei doch das Ziel die stärkere Vernetzung der medizinischen Einrichtungen und der zielgerichtete Einsatz der Ressourcen. "Aber eine sektorenübergreifende Versorgung ist nicht möglich", sagt Westermann. Doch ohne den nahtlosen Übergang in die Nachversorgung werde die Krankenhausreform scheitern.

Westermann moniert vor allem die fehlende Zusammenarbeit zwischen Pflegediensten und Krankenhäusern. Es mache großen Sinn, wenn er die Patienten schon im Krankenhaus besuchen, beraten und übernehmen könne. Dann ließe sich der Übergang vom Krankenhaus in die ambulante Pflege nahtlos organisieren, Hilfsmittel und Medikamente besorgen und entsprechende Vorbereitungen zu Hause treffen. Doch die Aufnahme beim Pflegedienst bereits im Krankenhaus sei nicht abrechenbar, sagt Westermann.

Krankenhäuser kommunizieren nicht mit Pflegediensten

Generell sei das Entlassmanagement vieler Krankenhäuser schlecht oder nicht vorhanden, monieren weitere Teilnehmer der Runde. "Die Leute werden nach Hause geschickt ohne Versorgung", sagt Uwe Imkamp vom Wundspezialisten Noracare. Ein Entlassrezept etwa wäre hilfreich, sagt er. "Aber mit wem soll ich über die Fortsetzung von Therapien reden", fragt Imkamp. Es gebe keine Prozesse und Strukturen dafür.

Westermann und Imkamp sind nur zwei Beispiele aus der Praxis, die verdeutlichen, dass die Krankenhausreform im Bund und in den Ländern nur ein Erfolg werden kann, wenn sie die Pflege von Anfang an mit einbezieht. Doch das ist gerade noch nicht der Fall. Das Gleiche gilt für pflegende Angehörige. Auch sie müssten mit an den Tisch, sagt Imkamp, denn ohne die enge Zusammenarbeit mit pflegenden Angehörigen sei die Versorgung pflegebedürftiger Menschen nicht zu stemmen.

Pflegende Angehörige packen im Krankenhaus mit an

Das gilt laut Notburga Ott auch für den Krankenhausaufenthalt selbst. Die streitbare Professorin engagiert sich beim Verein Wir pflegen, einer Selbsthilfe pflegender Angehöriger in NRW. Ihr Vorwurf etwa: Viele Krankenhäuser könnten nicht mit Demenzkranken umgehen. Da werde das Essen hingestellt und unangetastet wieder abgeräumt, mit dem Argument, der Patient habe keinen Hunger, moniert Ott. Schon heute würden viele Angehörige im Krankenhaus mit anpacken, oft seien aber starre Besuchszeiten ein Hindernis.

Ambulante Operationen seien ein weiteres Problem. Hier gebe es gar kein Entlassmanagement, sagt Ott. Sie wünscht sich generell eine engere Verzahnung von der professionellen Pflege mit pflegenden Angehörigen oder Nachbarn.

Krankenhausreform auch mit Schwächen sinnvoll

Die Krankenhausreform selbst stellt kaum jemand infrage, das wurde in der Diskussionsrunde deutlich. Allerdings wird das Chaos der Zuständigkeiten bemängelt und dass bei der Ausgestaltung nicht mit der Pflege, sondern nur über die professionelle und private Pflege entschieden werden. 

Die beiden Politiker in der Diskussionsrunde sahen die Reform dennoch positiv. Im nächsten Jahr stehen Wahlen in Bund und in Nordrhein-Westfalen an, erinnert der grüne Landtagsabgeordnete Mehrdad Mostofizadeh. "Wenn die Reform 2024 nicht fertig wird, dann zieht sich das noch über Jahre hin." Sie habe Schwächen, aber daran könne man noch arbeiten. "Zu gesund fürs Krankenhaus, zu krank für zu Hause – dazwischen muss geklärt werden", so Mostofizadeh.

Thomas Klute, SPD-Abgeordneter im Düsseldorfer Landtag, wolle der schwarz-grünen Regierung bei der Krankenhausreform in NRW keine Steine in den Weg legen. Er kritisierte auch, dass die Pflege bislang nicht einbezogen wurde, das müsse nachgeholt werden.

Thomas Hartung

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