Flickenteppich bei der Pflegeheimförderung bremst Neubau aus
In Deutschland werden jährlich mehr als 13.000 neue Pflegeplätze benötigt. Doch nur elf Bundesländer unterstützen den Bau von Pflegeheimen mit direkten Zuschüssen oder Subventionen. Eine umfassende Förderung gibt es nur in Bayern. Experten warnen: Ohne neue Finanzierungsmodelle droht ein Pflegenotstand. Der "Förderatlas Pflegeimmobilien 2024" zeigt, wie ungleich die Förderung in Deutschland verteilt ist und welche Bundesländer kaum Investitionsanreize bieten.

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Fehlende oder komplizierte Förderung von Pflegeheimen bremst Neubauten in vielen Bundesländern aus
Besonders groß sind die Unterschiede bei der Objektförderung, die Neubauten oder Sanierungen von Pflegeeinrichtungen finanziell unterstützt. Bayern ist das einzige Bundesland, das vollstationäre Pflegeheime systematisch fördert. Hier erhalten die Einrichtungen zwischen 40.000 und 60.000 Euro pro Pflegeplatz. In anderen Bundesländern ist die Förderung oft begrenzt oder fehlt ganz.
Berlin, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thüringen gewähren keine Zuschüsse für den Bau von Pflegeheimen. Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Bremen, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern setzen auf eine Subjektförderung, bei der die Pflegebedürftigen direkt unterstützt werden. In Sachsen, Brandenburg, Niedersachsen, dem Saarland und Baden-Württemberg gibt es nur Programme für Kurzzeitpflege und teilstationäre Einrichtungen.
Bedarf steigt, Bautätigkeit bleibt zurück
Laut dem "Förderatlas Pflegeimmobilien 2024" der Immobilienunternehmen Five Quarters Real Estate (5QRE) und Pro Health wächst die Zahl der Pflegebedürftigen rasant. Seit 2011 hat sie sich bundesweit auf über fünf Millionen verdoppelt. Prognosen des Statistischen Bundesamtes gehen von einem zusätzlichen Bedarf von 400.000 vollstationären Pflegeplätzen bis zum Jahr 2055 aus. Das bedeutet, dass jährlich mindestens 13.000 neue Pflegeplätze geschaffen werden müssten.
Doch die Bautätigkeit hält nicht Schritt: Zwischen 2011 und 2021 sind nur 110.000 neue Plätze entstanden. Bei gleichbleibender Entwicklung droht bis 2055 ein Defizit von 70.000 Plätzen. "Diese Herausforderung lässt sich nur mit einer grundlegend neuen Förderkulisse lösen", betont Uwe Natter, Geschäftsführer von Pro Health.
Hohe Kosten und Unsicherheit hemmen Investitionen
Ein entscheidender Faktor sind die hohen Baukosten. Der Arbeitgeberverband Pflege (AGVP) verweist im Handelsblatt auf Berechnungen, wonach der Bau eines Pflegeheimplatzes durchschnittlich 130.000 Euro kostet. Ein Heim mit 100 Plätzen erfordert demnach eine Investition von 13 Millionen Euro. Die fehlende Förderung hält private Anbieter von neuen Projekten ab.
Ein weiteres Problem sind die langen Planungs- und Bauzeiten. Laut AGVP dauert der Bau eines Pflegeheims oft bis zu fünf Jahre. In dieser Zeit steigen Bauzinsen und Materialkosten weiter. Viele Investoren springen deshalb ab oder weichen auf Bundesländer mit besseren Förderbedingungen aus.
Regionale Unterschiede bremsen Marktentwicklung
Die Analyse zeigt, dass einige Bundesländer Investoren bessere Bedingungen bieten als andere. So gibt es in Sachsen eine Objektförderung von bis zu 100.000 Euro pro Platz - allerdings nur für Neubauten und begrenzte Kontingente. In Baden-Württemberg beträgt die Förderung bis zu 50.000 Euro, gilt aber vor allem für teilstationäre Angebote. Brandenburg und Niedersachsen verfolgen ähnliche Modelle, wobei die Höhe der Förderung von individuellen Prüfungen abhängt.
"Die Unterschiede zwischen den Ländern sind enorm. Das macht es für private Anbieter schwer, langfristig zu planen", erklärt Uwe Natter. Ohne bundeseinheitliche Regelungen werde sich die Situation weiter verschärfen.
Den vollständigen Förderatlas Pflegeimmobilien 2024 gibt's auf der Website von 5QRE.
Thomas Hartung