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11. Dezember 2025 | 22:45 Uhr
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Was die Bund-Länder-AG für Pflegeanbieter plant

Eine "neue Vertrauenskultur", mehr Freiheit beim Personaleinsatz, schnellere Vertragsverhandlungen und Verfahren in der Hilfe zur Pflege, möglicherweise "wohnformunabhängige Leistungsbudgets" – das sind die für Pflegeanbieter besonders relevanten Eckpunkte der Bund-Länder-AG. Die Vorschläge gehen im Januar zunächst in den Praxischeck, so Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (links) bei der Präsentation der Ergebnisse am gestrigen Donnerstag. Ende 2026 soll dann ein entsprechender Gesetzentwurf in Kraft treten.

Nina Warken mit der Hamburger Gesundheitssenatorin Melanie Schlotzhauer bei der Präsentation der Ergebnisse im Bundesgesundheitsministerium

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Handlungsbedarf erkennen: WLAN-Zugang wird zur Pflicht

Seit der Corona-Pandemie ist klar, wie wichtig Internetzugang für soziale Kontakte vulnerabler Gruppen ist. Laut MDK (2023) boten nur 63 Prozent der Heime Bewohnern Internet im Zimmer. Bis 2025 soll eine bundesweite Regelung Internet und WLAN in Pflegeheimen verpflichtend machen. Mit Business WiFi von Vodafone steht eine einfache Lösung aus einer Hand bereit. Care vor9

Für Pflegeanbieter sind vor allem die geplanten Schritte zum Bürokratieabbau, zur Flexibilisierung des Personaleinsatzes und zur Weiterentwicklung der Leistungslogik in dem 48-seitigen ausführlichen Papier der Fachebenen von Bedeutung. Das Papier, von dem es auch eine sechsseitige Kurzfassung gibt, trägt den Titel "Fachliche Eckpunkte für eine nachhaltige Struktur- und Finanzierungsreform in der Pflegeversicherung".   

Berufserfahrene Hilfskräfte sollen mehr dürfen als geplant

Der Zukunftspakt sieht vor, den Personaleinsatz für eine Übergangszeit deutlich zu flexibilisieren. Die Vorgaben beim Personalmix und bei Qualifikationsanforderungen sollen überprüft und – wo möglich – vereinfacht werden. So sollen berufserfahrene Hilfskräfte ohne formale Ausbildung auch dort eingesetzt werden dürfen, wo bisher ein höheres Qualifikationsniveau vorgesehen war. Entscheidend sei die praktische Eignung, nicht das Zertifikat. Einrichtungen könnten dadurch Stellen besetzen, für die der Arbeitsmarkt nicht genug ausgebildete Kräfte liefert.

Betreuungskräfte sollen in reguläre Personalausstattung übergehen

Auch Vorgaben für Beauftragte – etwa für Hygiene – sollen überprüft und auf das fachlich notwendige Maß reduziert werden. Laufende Stellenanteile sollen nicht gestrichen, sondern in die reguläre Personalbemessung überführt werden. Außerdem sollen die zusätzlichen Betreuungskräfte vollständig in die reguläre Personalausstattung übergehen. Auch das soll nicht zu Personalabbau führen, aber die Finanzierung stabilisieren und die Planung vereinfachen, heißt es. Der Bund prüft eine Übertragung des Modells auf Tages- und Kurzzeitpflege.

Schluss mit doppelten Personalvorgaben

Noch gibt es ein Nebeneinander zweier Regelwerke: das Landesheimrecht mit festen Fachkraftquoten und die bundesrechtliche Personalbemessung nach Qualifikationsniveaus. Mittel- bis langfristig sollen die Länder die Vorgaben aus den Verträgen des SGB XI übernehmen.

Gute Einrichtungen als Vorbilder

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will klären, warum manche Einrichtungen trotz Personalengpässen attraktive Arbeitgeber bleiben und hohe Qualität erreichen. Erfolgsfaktoren sollen systematisch erhoben werden – insbesondere Führungsqualität, Personal- und Organisationsentwicklung sowie der Einsatz digitaler Werkzeuge. Im Vordergrund stehen also eher Strukturen und Arbeitsorganisation statt pauschaler Kopfzahlen.

Weniger Prüfdruck, mehr Vertrauen

Die Ministerien wollen prüfen, wie Qualitätsprüfungen von Medizinischem Dienst und Heimaufsichten entschlackt werden können, ohne den Schutz der Pflegebedürftigen zu schwächen. Die AG spricht von einer "neuen Vertrauenskultur": weniger Detailkontrollen, mehr Orientierung an Ergebnissen und an der tatsächlichen Versorgungssituation. 

Tarifpflicht vereinfachen

Die tarifliche Entlohnung habe die Attraktivität des Berufs gesteigert, verursache in den Einrichtungen aber erheblichen Aufwand, so die AG. Nachweispflichten für kollektivvertraglich gebundene Einrichtungen sollen deshalb kurzfristig reduziert werden. Bis Ende 2026 soll geprüft werden, wie Referenztarifverträge, regionale Entlohnungsniveaus und Kontrollen deutlich einfacher ermittelt und angewendet werden können.

Vergütungssystem vereinfachen

Die Vergütungsvereinbarungen im ambulanten und stationären Bereich gelten als schwer durchschaubar und zeitintensiv. Der Bund will die im BEEP-Gesetz angestoßenen Maßnahmen evaluieren und bis 2028 weiterentwickeln. Dazu gehört auch die Frage, ob die Zeitvergütung in der ambulanten Pflege wieder verpflichtend werden sollte. Ziel ist ein System, das Anreize für Qualität, Prävention und Innovation setzt und gleichzeitig weniger bürokratisch funktioniert.

Verfahren zur Hilfe zur Pflege sollen standardisiert werden

Vor neuen Digitalprojekten sollen analoge Verfahren gesichtet und vereinfacht werden. Bund und Länder wollen Regelungen harmonisieren, Prüfverfahren vereinheitlichen und unnötige Bürokratie im Landesrecht abbauen. Für die Hilfe zur Pflege sollen Antragstellung, Einkommensprüfung und Datenzugänge standardisiert werden. Und: Vertragsverhandlungen sollen schneller werden.

Digitalisierung: unterstützend, nicht im Mittelpunkt

Digitalisierung und KI tauchen zwar an vielen Stellen auf – als mögliche Entlastung im Alltag, als Chance für moderne Pflegedokumentation, als Instrument zur Prozessoptimierung. Doch aus Sicht der Betreiber bleibt entscheidend, dass erst Strukturen und Vorgaben vereinfacht werden, bevor neue Technik eingeführt wird. Der Zukunftspakt spricht ausdrücklich von einem "Nutzennachweis" und einer stärkeren Verzahnung von Praxis, Wissenschaft und Pflegeeinrichtungen.

Neue Leistungslogik: Budgets statt Einzelleistungen

Vereinfachungen kündigen sich auch im ambulanten Bereich an. Sachleistungen und Entlastungsleistungen sollen in zwei Budgets zusammengeführt werden. Für Pflegebedürftige würden Leistungen so leichter zugänglich und flexibler nutzbar, für Anbieter vereinfacht sich die Abrechnung und Planung. Perspektivisch denkt die Arbeitsgruppe sogar an "wohnformunabhängige Leistungsbudgets", die die Sektorengrenzen weiter öffnen würden.

Kommunen und Pflegekassen sollen stärker eingreifen dürfen

In Regionen mit fehlenden Angeboten sollen Kommunen und Pflegekassen selbst Einrichtungen betreiben dürfen. Pflegekassen sollen in solchen Fällen auch von Vertragsvorgaben abweichen können, um Versorgungslücken zu schließen. Gleichzeitig sollen Pflegekassen verbindlich unterstützen, wenn Pflegebedürftige kein Angebot finden.

Mehr Prävention und Krisenhilfe

Die Arbeitsgruppe will Prävention zu einem systematischen Bestandteil der Pflege machen. Dazu gehören:

  • Gesundheits-Check-ups für ältere Menschen
  • eine umfassendere präventionsorientierte Beratung in den Pflegegraden 1 bis 3
  • ein Notfallbudget für Krisensituationen
  • eine Reform des Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetzes, inklusive Prüfung einer teilweisen Lohnersatzleistung für pflegende Beschäftigte

Diese vier Punkte sollen dazu beitragen, häusliche Pflegesituationen früh zu stabilisieren und die Pflege im Heim hinauszuzögern oder gar zu vermeiden.

Vier Hebel, um Ausgaben in Zaum zu halten

Am Teilleistungssystem will die Arbeitsgruppe festhalten. Um die Ausgabendynamik zu bremsen, schlägt sie vor:

  • Prävention deutlich auszubauen
  • Schwellenwerte der Begutachtung zu überprüfen
  • Leistungen zu Beginn eines Pflegegeldbezugs temporär zu begrenzen
  • Fehlanreize in der Anspruchslogik zu reduzieren

Eventuell Übernahme der Behandlungspflege im Heim durch GKV

Zwei Modelle zur Begrenzung der Eigenanteile bleiben im Rennen: Dynamisierung und Sockel-Spitze-Tausch. Weitere Entlastungsoptionen sind die Übernahme der Behandlungspflege durch die GKV oder eine Steuerfinanzierung der Ausbildungskosten.

Trotzdem bleibt ab 2027 eine Finanzierungslücke, die nur über zusätzliche Einnahmen geschlossen werden kann. Diskutiert werden höhere Beiträge, Steuermittel, die Weiterentwicklung des Pflegevorsorgefonds und Modelle ergänzender privater Vorsorge.

So soll es weitergehen

Finanzierungsgespräche von Bund und Ländern starten im Februar 2026, schon Ende 2026 soll der Gesetzesentwurf des BMG in Kraft treten. Die Verbände sollen früh eingebunden werden, schon im Januar ist ein Praxischeck geplant, heißt es in der sechsseitigen Zusammenfassung der AG.

Kirsten Gaede

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