Pflegedauer wird sich auf siebeneinhalb Jahre verdoppeln
Bei Pflegebedürftigen, die kürzlich gestorben sind, lag die Pflegedauer durchschnittlich bei 3,9 Jahren. Bei jetzt pflegebedürftigen Menschen wird sie sich laut Barmer-Pflegereport voraussichtlich auf 7,5 Jahren erhöhen. Grund ist weniger die demografische Entwicklung, vielmehr der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff. "Dadurch haben viele Menschen erstmals Leistungen der Pflegekassen erhalten, die diesen Anspruch vorher nicht gehabt hatten", sagt Studienautor Heinz Rothgang von der Universität Bremen.
Ihr Fahrplan in die Telematikinfrastruktur
Die Digitalisierung und im Speziellen die Telematikinfrastruktur (TI) kann helfen, die Versorgung von Klient:innen und den Arbeitsalltag von Pflegekräften besser und einfacher zu gestalten. Nutzerfreundliche Anwendungen, die vernetzte Kommunikation über Fachgrenzen hinweg und die fundiertere Behandlung aufgrund einer besseren Datenlage sind nur einige der Vorteile, welche mit der TI auch für Ihre Pflegeeinrichtung möglich sind. Care vor9
Die längere Pflegedauer bedeutet auch höhere Ausgaben: Sie würden je pflegebedürftigem Versicherten im Schnitt um 50 Prozent steigen. Die bisherigen Kosten von durchschnittlich 50.000 Euro würden bei den aktuell Pflegebedürftigen bei rund 76.000 Euro liegen. Zu den Mehrkosten komme es vor allem durch den vermehrten Bezug von Pflegegeld, so der Barmer-Pflegereport.
Warum sich die Ausgaben parallel zur Pflegedauer nicht verdoppeln? Das liege vor allem daran, dass mit dem 2017 neu eingeführten Pflegebedürftigkeitsbegriff vor allem Versicherten mit Pflegegrad 1 hinzugekommen sind. Bei Pflegegrad Grad 1 habe es eine deutliche Steigerung gegeben, sagt Rothgang. "Bei Pflegegrad 2 und 3 tut sich hingegen nicht so viel, 4 und 5 sind sogar eher rückläufig", sagt der Bremer Professor, der auch die neue Personalbemessung (PeBeM) entwickelt hat.
Barmer-Chef: Pandemiekosten und Rente für pflegende Angehörige steuerfinanzieren
Der tatsächliche, künftige Gesamtbetrag aller Leistungen könne aber noch höher liegen als die prognostizierten 76.000 Euro, weil dieser Summe die Kosten für Pflegeleistungen aus 2023 zugrunde lägen. Inflation und mögliche weitere Preissteigerungen seien noch nicht berücksichtigt.
Belastet werde die Pflegeversicherung auch durch die steigenden Eigenanteile: Die gestaffelten Zuschläge, die sie leistet, belaufen sich auf rund sechs Milliarden Euro. "Die Versicherten könnten bei den Eigenanteilen aber auch entlastet werden, indem die Bundesländer die Investitionskosten für die Infrastruktur der Pflegeheime stärker übernehmen würden", meint Rothgang.
Rothgang schlägt Finanzausgleich mit Privatversicherung vor
Wie fast alle Kassen und Pflegeverbände fordert Barmer-Chef Christoph Straub die Befreiung der Sozialen Pflegeversicherung von versicherungsfremden Leistungen. "Dabei sollte eine neue Bundesregierung umgehend dafür sorgen, dass vor allem ausstehende Pandemiekosten von mehr als fünf Milliarden Euro und die Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige vollständig aus Steuermitteln erstattet beziehungsweise übernommen werden. Zudem sollte die Ausbildungskostenumlage für Pflegekräfte aus Steuereinnahmen finanziert werden."
Heinz Rothgang schlägt zur Finanzierung der Pflegeversicherung außerdem einen Finanzausgleich mit der Privatversicherung vor – "so wie es ihn während der großen Koalition 2005 schon einmal gegeben hat", fügt er hinzu.
Kirsten Gaede