"Regierung schiebt Gemeinschaftspflege aufs Abstellgleis"
Der Arbeitgeberverband Pflege (AGVP) wirft der Politik vor, die Angehörigenpflege zu glorifizieren und die Gemeinschaftspflege zu tabuisieren. "Doch die Fixierung auf die Pflege in der Häuslichkeit führt in die Sackgasse", sagt AGVP-Präsident Thomas Greiner (Foto). Denn: Nur 44 Prozent der Bevölkerung kann und möchte Angehörige selbst versorgen. Das zeigt eine repräsentative Umfrage, die der Verband beim Meinungsinstitut Insa in Auftrag gegeben hat.
AGVP
Thomas Greiner nennt die Strategie der Bundesregierung "Heim-und-Herd-Pflegepolitik"
Die Fixierung der Politik auf die Angehörigenpflege sei seit rund zehn Jahren zu beobachten, meint Greiner. Die jetzige Regierung setze den Kurs mit Entschiedenheit fort. "Sie schiebt die Gemeinschaftspflege aufs Abstellgleis." Das zeige sich schon am Koalitionsvertrag, in dem Pflegeheime und betreutes Wohnen mit keinem Wort erwähnt werden, und setze sich in der Bund-Länder-AG fort: Da werde die stationäre Gemeinschaftspflege mit allen Mitteln totgeschwiegen und die Angehörigenpflege gestärkt.
Doch diese Strategie gehe nicht auf, so Greiner. Die Insa-Umfrage mit 2.010 Teilnehmern ab 18 Jahren hat gezeigt: Nur rund 44 Prozent der Befragten möchten und können Angehörige selbst versorgen. Jeder Dritte sieht sich nicht in der Lage, Angehörige zu Hause zu pflegen. Das zeige, dass die "Heim-und-Herd-Pflegepolitik" nicht mehr gefragt sei, so Greiner.
Wenn die Regierung beharrlich auf die 85 Prozent Pflegebedürftigen verweise, die von Angehörigen versorgt werden, schließe sie von Jahrzehnte alten Verhältnissen auf die Zukunft. "Doch ein solches Denken führt in die Sackgasse", so Greiner. Die Politik müsse jetzt handeln und Hindernisse für die Gemeinschaftspflege abbauen, um gravierenden Versorgungsproblemen vorzubeugen.
Die Ergebnisse der Insa-Umfrage finden sich auf der Website des AGVP.
Kirsten Gaede