So gewinnt Vivantes Pflegekräfte aus Vietnam
Deutschlands größter kommunaler Pflegedienstleister "Vivantes Hauptstadtpflege" in Berlin rekrutiert seit 2015 in Kooperation mit dem Goethe-Institut und dem Innenministerium eigenständig Auszubildende vor Ort in Vietnam. Geschäftsführer René Herrmann und Recruiting Managerin Madlen Franz (Foto) sind immer dabei. Für viele kleinere und mittlere Pflegeanbieter wäre das zu aufwendig. Doch Vivantes nutzt ein Rekrutierungsinstrument, das auch für kleinere Unternehmen eine Option ist.

Vivantes
Geschäftsführer René Herrmann arbeitet eng mit der Recruiting-Abteilung von Madlen Franz zusammen
René Herrmann, Geschäftsführer der Vivantes Hauptstadtpflege, ist gerade aus Vietnam zurück. Er hat dort mit dem stellvertretenden Innenminister einen Vertrag über die nächsten fünf Jahre vereinbart. Die Rekrutierung ausländischer Pflegefachkräfte und Auszubildender ist für ihn Chefsache. Kein Wunder: Vivantes hat die Zahl seiner Pflegeplätze seit 2016 von 1.000 auf 2.362 mehr als verdoppeln können – und Herrmann ist sich sicher: Ohne die intensive Akquise im Ausland hätte das niemals geklappt. Bei Vivantes haben inzwischen gut über 900 Vietnamesen eine Ausbildung über das Programm in Deutschland begonnen. Inzwischen gibt es eine Abteilung mit drei Mitarbeiterinnen, die sich nur um das Auslands-Recruiting und die Integration kümmern.
"Das ist nicht wie bei McDonald’s, man muss sich um jeden einzelnen Schritt kümmern", sagt Herrmann. Es gibt ein Casting vor Ort, aber auch, im Laufe des Prozesses, zahlreiche Videokonferenzen, zu denen auch die Familien eingeladen werden. Es gilt, Verbindlichkeit zu zeigen, Vertrauen zu schaffen, offene Fragen zu klären.
Über die Info-Websites auf Spanisch, Türkisch & Co. kommen viele Anfragen
Hinzu kommt für die Recruiting-Abteilung in Deutschland aber auch täglich bis zu einem Dutzend Anfragen von ausländischen Interessenten, die zuvor noch gar nichts mit Vivantes zu tun gehabt haben – Interessenten, die über die Unternehmens-Website auf die Hauptstadtpflege aufmerksam geworden sind.
Es handelt sich genauer gesagt um jeweils eine Website für Interessenten aus Mexiko, Kolumbien, Brasilien, Indien, Türkei, Kosovo und den Philippinen. Das Akquise-Team erklärt in der jeweiligen Landessprache unter anderem ganz genau,
- dass die Bewerber für Vermittlung, Sprachkurse etc. nichts zahlen müssen
- welche Voraussetzungen Bewerber brauchen
- wie der gesamte Bewerbungs- und Onboarding-Prozess abläuft – in einer Grafik ist jeder Schritt der Reihe nach aufgeführt
- wie das Anerkennungsverfahren abläuft
- welche Aufgaben die Bewerber während der Anerkennungsphase als Pflegehelfer übernehmen
- welche Aufgaben sie später als anerkannte Fachkraft übernehmen
- welche Vorteile Vivantes ausländischen Pflegekräften bietet
- mit welchen Sprachschulen Vivantes vor Ort kooperiert – beispielsweise Berlitz, Goethe Institut, WBS Recruiting International
Circa fünf bis zehn Anfragen täglich erhält die Leiterin des Recruitings, Madlen Franz, weil potenzielle Bewerber aus dem Ausland oder Personalvermittler auf eine der Websites gestoßen sind. "Die Seiten helfen uns definitiv bei der Akquise. So haben wir auch den Vorteil, dass die Interessenten gleich tiefergehende Fragen stellen, weil sie über die Basics durch die Websites bereits informiert sind", sagt Franz.
In den Recruiting-Ländern lässt sich auch mit Facebook punkten
Die Hauptstadtpflege hat auch den Vorteil, dass ihre Websites in den Recruiting-Ländern gut gerankt bei Google erscheinen. Geben Interessenten etwa auf Spanisch oder Portugiesisch "Recruiting Ausland Deutschland" ein, erscheint Vivantes gleich an dritter oder vierter Stelle. Viele gelangen aber auch über Facebook auf die Recruiting-Website, anders als in Deutschland ist Facebook in den Recruiting-Ländern nach wie vor ein altersübergreifend gern genutzter Social-Media-Kanal.
Und sollte die Recruiting-Website der Hauptstadtpflege einmal zurückfallen oder Facebook nicht mehr so populär sein, bleibt Vivantes immer noch die Mund-zu-Mund-Propaganda: Die läuft nämlich dank der vielen ausländischen Pflegekräfte, die mit Vivantes inzwischen Erfahrung gesammelt haben, sehr gut.
Kirsten Gaede