Tägliche News für das Management von Pflege und Wohnen im Alter

6. November 2025 | 07:00 Uhr
Teilen
Mailen

Was nützt das Kompetenzgesetz der Altenpflegepraxis?

Über WGs, Stambulant und der Rolle der Kommunen hat die Branche im Zusammenhang mit dem Befugniserweiterungsgesetz, vormals Pflegekompetenzgesetz, viel diskutiert. Aber was ist der Stand beim Kern des Gesetzes, den Pflegekompetenzen? Erleichtert das Gesetz, das am heutigen Donnerstag, 6. November, in die 2. und 3. Lesung geht, Fachkräften in der Altenpflege die Arbeit? Care vor9 hat die Pflegebevollmächtigte Katrin Staffler und den Geschäftsführer des Verbands der Deutschen Alten- und Behindertenhilfe (VDAB) Thomas Knieling (Foto) gefragt.

Für das in Pflegeheimen häufige Problem der Exsikkose (Austrocknung des Körpers) sieht VDAB-Geschäftsführer Knieling im Gesetzesentwurf keinen Hinweis auf eine Lösung 

Katrin Staffler (CSU) kam im Sommer im Interview mit Care vor9 auch auf das berüchtigte Blasenkatheter-Beispiel zu sprechen. Sie wollte deutlich machen, was eine Kompetenzerweiterung bedeuten könnte: Heimbewohner würden nicht mehr, wie jetzt noch Usus, zum Katheter-Legen mit dem Krankenwagen in die Notaufnahme gefahren. Die Pflegefachkräfte in der Einrichtung könnten das vor Ort erledigen – ein Gewinn für Bewohner, Krankenkassen und Mitarbeiter in der Notaufnahme. Sie sei sehr froh, dass mit dem neuen Gesetz ein großer Schritt in diese Richtung gegangen wird, sagte Staffler.

Das heißt aber nicht, dass mit Inkrafttreten des Befugniserweiterungsgesetzes, Pflegefachkräfte in den Einrichtungen – sofern sie wollen und es vermögen – das Katheterisieren übernehmen können. Denn die einzelnen Tätigkeiten sind im Gesetz selbst nicht geregelt. Die Konkretisierung liegt in der Hand der Selbstverwaltung. "Die Tätigkeiten werden in den noch zu erarbeitenden Leistungskatalogen geregelt und festgelegt werden müssen. Hintergrund ist, dass die konkreten Maßnahmen zunächst fachlich bewertet werden müssen, daher liegt die Verantwortung zur Ausgestaltung bei den zu beteiligenden Experten", sagt Staffler. Im Gesetzentwurf klingt das noch komplizierter: "Die Aufgaben von Pflegefachpersonen in der Versorgung sollen in einem Projekt parallel differenziert beschrieben werden (sog. Muster-Scope of Practice); diese Beschreibung soll Grundlage von weiteren Entwicklungsschritten hinsichtlich der leistungsrechtlichen Befugnisse von Pflegefachpersonen werden."

Knieling: Es wäre gut, wenn Bewohner für einfache Infusionen nicht in die Klinik müssten

Knieling vom Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe (VDAB) hält die Katheter-Frage letztlich auch nicht für so entscheidend. Es sei nicht gesagt, dass jede Altenpflegefachkraft sich überhaupt in der Lage fühlt, einen Blasenkatheter zu legen. "In der Ausbildung und auch später in der Praxis findet das nur ganz am Rande statt, das Katheterisieren bildet keinen Schwerpunkt. Aber sicherlich ist es nicht schlecht, die Option zu haben. Wir fordern das auch ein, aber nicht mit der Intensität."

Wichtiger als die Katheter- oder auch die PEG-Frage sei für die Pflegeheime beispielsweise eine Lösung für Exsikkose-Fälle. "Dass Bewohner dehydrieren, kann im Sommer schnell passieren und ist meistens auch nicht Folge eines Versorgungsdefizits, gerade bei Demenz ist es schwer allein durch das Anreichen von Flüssigkeit vorzubeugen. Deshalb würde unseren Mitgliedern in diesem Punkt eine Übertragung der Kompetenz sehr helfen", sagt Knieling. Dann müssten die Bewohner nicht mehr ins Krankenhaus eingewiesen werden für einfache Infusionen, die sie genauso gut in der Einrichtung erhalten könnten.

"Eine wirkliche Entlastung bringt uns das Befugniserweiterungsgesetz noch nicht"

Allerdings sieht der VDAB-Geschäftsführer im Gesetzesentwurf keinen Hinweis auf eine Lösung für diese häufigen und oft kritischen Situationen. Eine Enttäuschung sei außerdem, dass die Fachkräfte nach wie vor zur Erstverordnung von pflegenahen Hilfsmitteln wie Produkte zur Versorgung von Inkontinenz und Dekubitus nicht befugt sein werden. "Die im Gesetz angesprochene Möglichkeit, Hilfsmittel zu empfehlen, besteht bereits seit früheren Regelungen. Die Neuerungen betreffen überwiegend die Ausgestaltung und Verfahren, führen jedoch derzeit zu keiner spürbaren Entlastung im Pflegealltag."

Die Empfehlung laufe ein wenig nach dem Prinzip Durch-die-Brust-ins-Auge, so Knieling. "Wir empfehlen die Hilfsmittel nach dem Beratungsbesuch nach Paragraf 37 Absatz 3 SGB XI.  Der Pflegebedürftige schickt den Antrag an die Kasse, aber man hat den Eindruck, dass die Protokolle, die auch unsere Empfehlung enthalten, dort nicht gelesen werden", sagt Knieling. Das Problem sei, dass die Empfehlung immer über Umwege, sprich über den Versicherten läuft. Gut wäre, wenn der Pflegedienst die Empfehlung direkt an die Kasse geben könnte.

"Im Grunde geht das Befugniserweiterungsgesetz schon in die richtige Richtung, aber eine wirkliche Entlastung bringt es uns noch nicht", so Knielings Resümee.   

Kirsten Gaede   

Newsletter kostenlos bestellen

Ja, ich möchte den Newsletter täglich lesen. Ich erhalte ihn kostenfrei und kann der Bestellung jederzeit formlos widersprechen. Meine E-Mail-Adresse wird ausschließlich zum Versand des Newsletters und zur Erfolgsmessung genutzt und nicht an Dritte weitergegeben. Damit bin ich einverstanden und akzeptiere die Datenschutzerklärung.